Duisburg-Rumeln-Kaldenhausen. Seit 30 Jahren bietet das Lädchen der Evangelischen Kirche in Rumeln-Kaldenhausen faire Produkte an. Die Zukunft ist aber ungewiss.
Die Bohnen des „Rumeln-Kaldenhausen Kaffees“ stammen aus Kolumbien, die Bohnen einer feinherben Schokolade ernten Kleinbauer in der Dominikanischen Republik und in Sao Tomé – Jutta Harig zeigt zwei Produkte, die der kleine „Weltladen“ der Evangelischen Kirchengemeinde Rumeln-Kaldenhausen an der Friedhofsallee anbietet.Hier gibt es mehr Artikel aus dem Duisburger Westen
Gemeinsam mit Käthe Gentner, Ingrid Hoffmann, Eva Wegner und Annelie Wildraut unterstützt die 79-Jährige den „Fairen Handel“, die Erlöse und Spenden fließen immer wieder in Projekte der „Hilfe zur Selbsthilfe“, wie jetzt aktuell in die humanitäre Hilfe des Vereins „Zebras Active Community (ZAC)“, hervorgegangen aus dem sozialen Engagement von Fans des MSV Duisburg. Von dem Projekt von ZAC hat Jutta Harig zufällig gelesen. Im Nordosten Tansanias soll ein Kinderdorf für etwa 60 besonders benachteiligte Kinder samt Infrastruktur und Ausbildungs-Center gebaut werden. Die Damen des Weltladens schlugen vor, zehn Nähmaschinen für Frauen zu spenden.
Nähkurse für Frauen in Tansania
Gesagt, getan: 2000 Euro hatte der Weltladen als Erlös erwirtschaftet, 1600 Euro kosten die Maschinen, 400 Euro für Nähkurse der Frauen sind noch übrig. „Die Maschinen sind chinesische Produkte, weil sie von den Männern vor Ort repariert werden können“, sagt Jutta Harig und verrät den zweiten Gedanken, den die Frauen des Weltladens mit dieser Spende haben: „Wir hoffen, dass es später eine Verbindung zu den Näherinnen in Tansania gibt, die für den Weltladen traditionelle Produkte nähen und die Erlöse erhalten.“
Im Mai sollen die Maschinen vor Ort ausgeliefert werden. Es ist nicht das erste Mal, dass der Weltladen unterstützend agiert. So spendete er auch für die Bosnienhilfe von Heribert Hölz. Mit dem Geld konnten für eine Familie fünf Schafe und ein Bock angeschafft werden, dhttps://www.nrz.de/staedte/moers-und-umland/der-neukirchen-vluyner-heribert-hoelz-hilft-weiter-in-bosnien-id227783803.htmlamit sie Milch und Wolle haben. „Uns ist wichtig, Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten“, betont Jutta Harig.
Die 79-Jährige engagiert sich seit 2004 für den Weltladen. „Ich habe erst im Rentenalter angefangen. Ich brauchte eine Aufgabe und bin auf den Weltladen gestoßen“, erzählt sie. Inzwischen sind auch ihre Mitstreiterinnen zwischen 70 und 80 Jahre alt. Nachwuchs wird gesucht, aber es ist schwierig, ihn zu finden. Jüngere Frauen sind mit Familie und Beruf oft mehr als ausgelastet.
Honig, Wein, Tücher, Taschen und Brillenetuis
Den Weltladen in der Evangelischen Kirchengemeinde Rumeln-Kaldenhausen an der Friedhofsallee gibt es seit etwa 30 Jahren. Sein „Verkaufsraum“ besteht aus drei Schränken, die alle vier Wochen nach den Gottesdiensten geöffnet werden. Im Angebot gibt es Lebensmittel wie Gewürze, Honig, Wein und Orangensaft; Handwerkliches; Tücher; Schürzen; Lederwaren wie Taschen und Brillenetuis. Bestellt werden die Waren bei „fair rhein“ in Kamp-Lintfort.
Immer wieder sind die Frauen des Weltladens mit einem Verkaufsstand bei dem Tag der offenen Tür der Staudengärtnerei Gerhild Diamant in Rumeln-Kaldenhausen vertreten, um zusätzliche Einnahmen zu erzielen. Die ehrenamtliche Arbeit hat bei Jutta Harig inzwischen das eigene Kaufverhalten verändert. Ihr Mann und sie kaufen mittlerweile im Weltladen oder sind Kunden des Bioladens in Rumeln-Kaldenhausen. Ein wichtiger Grund: „Mir ist wichtig, dass hinter den Produkten keine Kinderarbeit steckt.“
Die Zukunft ist ungewiss
Sorge bereitet der engagierten Frau, dass ab 1. Januar 2021 ein Weltladen umsatzsteuerpflichtig ist, wenn er von einer Kirchengemeinde betrieben wird. Kirchengemeinden gelten als Körperschaften des öffentlichen Rechts und müssen bereits seit einer Gesetzesänderung im Jahr 2017 Umsatzsteuer abführen, wenn sie zum Beispiel Eintrittskarten für Konzerte verkaufen oder ein Café betreiben. Jutta Harig weiß, dass bereits viele kleine Weltläden geschlossen haben. Wie es in Rumeln-Kaldenhausen weitergeht, vermag sie vor dem Hintergrund der drohenden Umsatzsteuerpflicht noch nicht zu beurteilen.
>>> Die Entstehung der Weltläden:
Der Ruf nach einem gerechteren Handel wurde 1964 auf internationaler Ebene während der UNCTAD-Konferenz (Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung) laut. Dabei stellten Entwicklungsländer unter dem Motto „Fairer Handel statt Almosen“ Forderungen an die Industrieländer. Die Weltläden leisteten in der Folge Pionierarbeit zur Verbreitung der Idee des Fairen Handels. 1969 wurde der erste Weltladen in den Niederlanden eröffnet, von dort breitete sich die Bewegung über Westeuropa aus.
Ursprünglich wurden diese Läden als „Dritte-Welt-Laden“ bezeichnet. Mit dem Bedeutungswandel des Begriffes „Dritte Welt“ haben sich die Bezeichnungen „Eine-Welt-Laden“ oder nur „Weltladen“ etabliert. Das Ziel ist es, zu mehr Gerechtigkeit in den Handelsbeziehungen zwischen den Ländern des globalen Südens und des Nordens beizutragen. Deshalb verkaufen Weltläden Produkte aus Fairem Handel, beteiligen sich an politischen Kampagnen und leisten Informations- und Bildungsarbeit zu Fragen des Fairen Handels.