Duisburg-Homberg. Uwe Sova ist seit 2018 Betriebsratsvorsitzender von Venator in Duisburg. Er hat sich Rückendeckung geholt und verhandelt jetzt über 180 Jobs.

Für Uwe Sova ist es eine aufreibende Zeit. 180 von 1100 Jobs stehen auf der Kippe - das klingt nach Konflikt und Arbeitskampf. Für den neuen Betriebsratsvorsitzenden des Chemie-Unternehmens Venator haben die Verhandlungen begonnen. „Wir hoffen, dass wir das sozialverträglich hinbekommen“, sagte er im Gespräch mit dieser Zeitung. „Betriebsbedingte Kündigungen in so einer großen Firma müssen einfach vom Tisch.“

Ende August wurden die Zahlen auf einer Betriebsversammlung bekannt gegeben. Rund 20 Prozent der Jobs sollen bis 2022 wegfallen. Venator, früher Sachtleben, ist überwiegend in der Forschung, Entwicklung und Produktion so genannter Weißpigmente tätig. Verantwortlich sei die schwächelnde Weltwirtschaft, heißt es, die sich auch beim Geschäft mit Titandioxid niederschlage, das etwa in Farben, Lacken und Kunststoffen steckt. Vereinfach ausgedrückt: Weniger Autos, die gebaut werden, brauchen auch weniger Lack. Das Unternehmen ist Teil des US-Konzerns Huntsman. Innerhalb der Venator-Gruppe, deren Hauptsitz Großbritannien ist, ist der Homberger Standort der größte.

Schon Ende 2014 wollte Huntsman in Krefeld und Homberg 500 Stellen streichen

Uwe Sova ist seit vorigem Jahr Betriebsratschef. Er erinnert an den Kampf um die Arbeitsplätze vor einigen Jahren. Ende 2014 hatte Huntsman als neuer Eigentümer angekündigt, 500 der 1600 Stellen in Homberg und Krefeld-Uerdingen streichen zu wollen. Zu Kündigungen kam es nicht. Über 400 Mitarbeiter stiegen im Rahmen von Freiwilligenprogrammen aus. Diese Anzahl Abfindungsregelungen reichte dem Unternehmen, um auf Kündigungen und das Auflegen eines Sozialplans zu verzichten.

Als Folge wurde das Controlling maßgeblich in einzelne Betriebe verlagert, die Finanzabteilung verschwand aus Homberg. Sie wird jetzt zentral gemanagt. Dafür kündigte Huntsman an, eine weitere Forschungs- und Entwicklungsabteilung aufbauen zu wollen. Damals hieß es, der US-Konzern wolle Millionen in die Automatisierung einiger Abläufe stecken. Ein Investitionsprogramm also. Statt dessen jetzt ein neuer Job-Abbau.

Angekündigte Projekte wurden nicht umgesetzt

Uwe Sova spricht von einem „harten Tobak“, von Fehlreaktionen des Managements. So sei man, als die Anfrage nach Titandioxid seinerzeit wieder anzog, infolge der Kürzungen kaum noch handlungsfähig gewesen. „Von rund 100 000 Tonnen war der Absatz auf 60 000 Tonnen eingebrochen. Wir konnten damals nicht mehr das produzieren, was wir hätten verkaufen können.“ Nennenswerte Investitionen habe es nicht gegeben - Projekte wurden nicht umgesetzt. Auch aus dem Neubau des Entwicklungszentrums wurde nichts.

Nun also ist wieder von schlechten weltwirtschaftlichen Bedingungen die Rede. So hätten etwa die Chinesen den US-Markt verloren und orientierten sich nun stärker nach Europa, führt Sova an. Auch der Brexit sorge für „gewisse Unsicherheiten“. Das Finanzergebnis sei „kritisch“, hatte der Homberger Unternehmenschef Jürgen Koy die Kürzungen im Sommer begründet. Es gelte, den Standort neu zu organisieren, um ihn zu sichern.

„Betriebsbedingte Kündigungen können sehr teuer werden“

Man habe Kontakt zur Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IGBCE) aufgenommen und erste Gespräche mit dem Management geführt, berichtet Uwe Sova. Nun habe man einen „groben Plan“ von den Stellen, die wegfallen sollen. „Aber wir stehen ganz am Anfang.“ Sicher sei aber schon jetzt: „Wir tragen keine betriebsbedingten Kündigungen mit. Wir werden zeigen, das wird mit uns nicht einfach. Betriebsbedingte Kündigungen können sehr teuer werden.“

„Wir müssen dafür Sorge tragen, dass wir produzieren können, wenn die Nachfrage diesmal wieder steigt“, fordert Sova. Rückendeckung hat der 15-köpfige Betriebsrat. Die IGBCE hat versichert, die Belegschaft bei allen Verhandlungen zu unterstützen. Sova jedenfalls steht bereit. Dennoch hofft er auf einen guten Ausgang, darauf, dass etwa älteren Kollegen gute Angebote unterbreitet werden. „Dann müssen wir nicht auf die Straße.“