Rheinhausen. Diese sozialpolitische Leitidee der Genossenschaftsgründung 1919 ist heute noch so aktuell wie damals
An eine hundertjährige und dynamische Entwicklung hatte der Gemeindelandmesser Franz Boshof wohl bei allem Optimismus nicht gedacht, als er am 3. August 1919 gemeinsam mit 14 weiteren engagierten Herren den „Gemeinnütziger Spar- und Bauverein eG mit beschränkter Haftung Hochemmerich“ aus der Taufe hob. 100 Jahre später bewirtschaftet die Bauverein rund 3.250 Wohnungen, 100 Gewerbeeinheiten und beschäftigt 45 Mitarbeiter. Der Mitgliederbestand beläuft sich auf rund 5.500, die nicht nur günstig wohnen, sondern deren Einlagen auch gut verzinst werden.
Franz Boshofs Idee war es, den weniger betuchten Einwohnern der damaligen Bürgermeisterei Hochemmerich preiswerten und gut ausgestatteten Wohnraum zur Verfügung zu stellen - eine Idee, die heute wieder so aktuell wie damals ist. Das setzte nicht nur die Beschaffung von geeigneten Baugrundstücken-, sondern vor allem von Baugeld voraus. Mit dem ersten Aufsichtsratsvorsitzenden Emil Bosbach - der mit seinem Namen Pate für die in den 1970er Jahren errichtete Altentagesstätte stand - wählte die rasch auf 150 Mitglieder gewachsene Genossenschaft im November 1919 einen Mann an ihre Spitze, der in allen Bevölkerungskreisen und selbst bei seinen politischen Gegnern größtes Vertrauen und Ansehen genoss.
Zwei Männer mit einer Vision
Bosbach erwies sich als kluger Verhandlungspartner gegenüber der Gemeinde und den Geldinstituten und der zwischenzeitlich zum Vorstandsvorsitzenden gewählte Franz Boshof verfügte über viel Fachwissen. Beiden hat die Genossenschaft viel zu verdanken. Bis zu Beginn der 30er Jahre konnte eine Reihe wichtiger Bauvorhaben realisiert werden.
348 Häuser entstanden bis 1942
Die Weltwirtschaftskrise traf die Gemeinschaft empfindlich und erst als sich die Konjunktur nach 1933 erholte, konnte auch die Bautätigkeit wieder aufgenommen werden. Der Mitgliederbestand war inzwischen auf 785 gewachsen, bis 1942 entstanden insgesamt 348 Häuser mit 1.274 Wohnungen. Der Zweite Weltkrieg unterbrach die erfolgreiche Entwicklung der Genossenschaft erneut. So waren die Jahre danach überwiegend der Instandsetzung und dem Wiederaufbau gewidmet. Nach der Währungsreform wurden vom Staat erhebliche Finanzierungshilfen zur Schaffung von Wohnraum für die dringend benötigten Arbeitskräfte in Bergbau und Industrie zur Verfügung gestellt und die einsetzende rege Bautätigkeit hatte auch Einfluss auf die Mitgliederbewegung: Bereits 1950 gehörten der Genossenschaft 2.036 Mitglieder an, bis Ende der 60er Jahre hatte sich diese Zahl auf 4.299 fast verdoppelt. Als größte Bauvorhaben aus dieser Zeit seien hier nur die Bebauung in Bergheim zwischen Flutweg und Auf dem Berg mit rund 500 Wohnungen sowie die Bebauung an Uhlandstraße/Stormstraße mit 243 Wohnungen genannt.
Der Wohnpark Bergheim ist voll vermietet
Zu Beginn der 70er Jahre sorgten steigende Baukosten und stagnierende Mieten für einen deutlichen Rückgang im Wohnungsbau. Galt das Hauptaugenmerk in den Folgejahren der Instandhaltung und Modernisierung, so wurde ab den 90er Jahren wieder kräftig gebaut. Es entstanden 40 Wohnungen an der Behringstraße, zur Jahrtausendwende konnten 32 Wohneinheiten an der Gustav-Mahler-Straße übergeben werden. Ein zukunftsweisendes Neubauprojekt mit 41 als besonders energieeffizient ausgewiesenen Wohnungen entstand an der Krefelder Straße 161-169. Das jüngste Projekt des Bauvereins, der Wohnpark Bergheim, ist mit insgesamt 128 Wohnungen inzwischen komplett bezogen. So ist aus der Idee von Franz Boshof eine feste Institution für den Stadtbezirk geworden.