Rheinhausen. . Zimmer in Aussicht: Der Eigentümer des historischen Gebäudes an der Eisenbahnbrücke in Friemersheim baut sich eine Ferienwohnung in luftiger Höhe
Eins steht fest: Diese Ferienwohnung ist mehr als ungewöhnlich. Oder haben Sie im Urlaub schon mal ein Quartier gehabt, dessen Eingang in 20 Metern Höhe ohne Treppe liegt und das bei Hochwasser so gar nicht trockenen Fußes erreicht werden kann? Einzigartige Zimmer mit Aussicht entstehen aktuell offenbar am Friemersheimer Rheinufer. Wer genau hinschaut, der kann bereits aus der Ferne erkennen, dass sich im markanten Pfeiler der alten Eisenbahnbrücke etwas tut. Spaziergänger haben nicht nur Geklopfe aus dem Inneren gehört, sie haben auch entdeckt, dass die Holzverkleidung der wuchtigen Turmfenster auf einer Seite verschwunden ist.
Bei Hochwasser ist alles überflutet
Doch bevor jetzt Vorfreude aufkommt: Das künftige Feriendomizil am Rhein ist rein privat. So privat, dass kaum etwas über die Pläne des Eigentümers bekannt ist, obwohl er sich sein Bauwerk an so prominenter Stelle herrichtet. Im Dezember 2014 hatte sich der bisher nicht öffentlich als Turmbesitzer aufgetretene Privatmann bei der Versteigerung des denkmalgeschützten Gemäuers offenbar ein Weihnachtsgeschenk gemacht. 30 000 Euro soll die mehr als 140 Jahre alte Immobilie gekostet haben. Eine Summe, die offiziell nicht bestätigt wurde. Fest steht aber, dass das Mindestgebot damals bei der Auktion in Köln bei 17 000 Euro lag. Dafür kam zum festungsartigen Turm aus der Kaiserzeit auch noch ein 9400 Quadratmeter großes Grundstück unter den Hammer. Eines, das wohlbemerkt bei Hochwasser in den Fluten des Rheins versinkt.
Und: Das Gelände liegt im Landschaftsschutzgebiet, weshalb sich der Bauherr nicht nur mit dem Denkmalschutz, sondern auch mit den Naturschützern auseinandersetzen muss. Deshalb stand das Projekt in der jüngsten öffentlichen Sitzung des Beirates bei der Unteren Naturschutzbehörde auf der Tagesordnung.
Stephan Strauß, ein Krefelder Architekt für historische Bauten, stellte hier gemeinsam mit Landschaftsarchitekt Harald Schollmeyer die Pläne vor für den Turm an der historischen Eisenbahnbrücke aus dem Jahr 1873. Dort, wo jetzt die Vögel ins Innere hineinflattern können, wird künftig Glas sein. Der im Zweiten Weltkrieg zwischen den beiden Türmen gebaute „Bunker“ soll entfernt und durch ein verglastes Element ersetzt werden. Und damit die Herrschaften, die das Feriendomizil „in größeren Intervallen am Wochenende bewohnen werden“ auch in ihre Gemächer hinauf kommen, soll in einer offenen Stahlkonstruktion an der Uferseite eine Treppe gebaut werden. Denn eine Rapunzel, die ihr Haar hinunter lässt, wurde bisher nicht gesichtet.
Mit den Stufen allein ist es allerdings nicht getan. Da die Urlauber mit ihrem Gepäck wohl nicht über die Wiese stiefeln möchten und da wegen des Brandschutzes auch eine Zufahrt für die Feuerwehr nötig ist, soll ein Weg durch das Landschaftsschutzgebiet Rheinhauser Ward gebaut werden. Geplant sind auch zwei Parkplätze an der Zufahrt zur Osloer Straße. Damit die nicht von Unbefugten genutzt werden, soll es eine Absperrung geben.
Der Beirat konnte sich mit dem Eingriff in die Natur anfreunden, da als Ausgleich Sträucher gepflanzt, Gräser und Kräuter gesät werden und der Parkplatz entsiegelt wird. Und: Auch für die Vögel, die aus dem Turm ausziehen müssen, gibt es eine Alternative. Turmfalke, Steinkauz, Fledermäuse und Dohlen bekommen „Ersatznistkästen“. Außerdem soll eine Lamellen-Markise verhindern, dass die Tiere demnächst gegen die Fensterscheiben fliegen.
Details zu den Plänen für das Innere des Turmes wollte das Architekturbüro auf Nachfrage nicht erzählen. Privat! Kontakt zum Eigentümer? Privat! Wer weiß, vielleicht sieht man ja schon bald jemanden bei der Turmbesteigung. Die Architekten kündigen die Realisierung des Projektes „Historischer Brückenkopf“ jedenfalls für den Zeitraum 2018/19 an.