Duisburg-Rheinhausen. . Ein Besuch bei Rheinhausens Bezirksbürgermeisterin Astrid Hanske. Ihr Büro im Rathaus hat sie jetzt bezogen – und dabei einige Hürden gemeistert.

Die rot-weiß karierte Tischdecke ging gar nicht. Astrid Hanske zeigt auf den Kühlschrank in der Ecke ihres Büros, wo sie das Relikt ihres Vorgängers fürs erste schön klein zusammengefaltet deponiert hat. Stattdessen hat Rheinhausens Bezirksbürgermeisterin eine helle Häkeldecke über den nussbraunen Kaffeetisch gelegt. In die Mitte ein paar frische Blumen, einen Teller mit bunten Bonbons – und schon fühlt sich die Neue im Rathaus am Körnerplatz zumindest ein bisschen heimisch. Ankommen ist manchmal gar nicht so einfach.

Am 1. Februar hat die 62-jährige SPD-Politikerin aus Rumeln-Kaldenhausen Winfried Boeckhorst als Bezirksbürgermeister abgelöst. Sie wurde als erste SPD-Frau in dieses Amt gewählt und krempelte voller Vorfreude die Ärmel hoch. Auf an den neuen Arbeitsplatz im Bezirksrathaus! Da sitzt sie nun in Zimmer 206 und zuckt mit den Schultern angesichts der vielen Fragen, die man hat, wenn man irgendwo zum ersten Mal ist. Wo sind die ganzen Akten? Wie funktioniert das mit der Bürgersprechstunde? Welche Arbeitskreise gibt es? Wie viele Termine kommen auf sie zu? Wie steht es um die Finanzen? Gibt es ein Budget für die Bezirksbürgermeisterin? Und, ganz banal: Woher bekommt man den Kaffee für die Gäste?

Kaffee kochen klappt schon gut

Amtsübergabe? Fehlanzeige. Winfried Boeckhorst ist erkrankt und konnte seiner Nachfolgerin den Start leider nicht mit den wichtigsten Informationen erleichtern. Eine Hilfestellung, die offenbar auch sonst niemand übernommen hat im Bezirksrathaus. „Ach, wissen Sie, ich gehe da ganz unaufgeregt ran“, sagt Astrid Hanske. Die erste Hürde hat sie schon gemeistert: „Ich habe Kaffee gekocht“, sagt sie und lacht. Na dann wird alles weitere ganz sicher auch funktionieren.

Astrid Hanske weiß nicht nur, was sie will. Sie weiß sich auch zu helfen. Das merkt man sofort. Dass man im Rheinhauser Rathaus auf die Idee gekommen war, so Hanske, das schöne große Zimmer, in dem die Bezirksbürgermeister seit vier Jahrzehnten sitzen, vor ihrem Einzug gegen ein kleines Büro zu tauschen – dagegen hat sie sich gewehrt. „Da wäre ich ja erstickt, in dem winzigen Raum, den man mir zugeteilt hat.“ Hartnäckig sorgte sie dafür, einen angemessenen Arbeitsplatz zu bekommen. „Ich habe eine repräsentative Aufgabe und empfange hier Gäste.“ Raum 206 ist zwar nicht der alte Amtssitz, aber für sie in Ordnung. Ein Zimmer mit Aussicht. „Schauen Sie sich den Blick auf die Bäume mal an, ich liebe Grün!“

Jeden Tag ins Bezirksrathaus

Möbelpolitur hat sie dabei – für den alten, aber sehr schönen Schreibtisch. Die Schubladen sind schon eingeräumt, der Rest wird folgen. Ein Teppich zum Beispiel. Und Regale. „Stellen Sie sich vor, ich plane, hier öfter zu sein“, sagt die Bezirksbürgermeisterin und lacht schon wieder so ansteckend.

All ihre politischen Unterlagen, die sich in 40 Jahren SPD-Mitgliedschaft angesammelt haben, will sie aus dem Heimbüro mitbringen und dann jeden Tag zur Arbeit ins Bezirksrathaus fahren. So oft? „Natürlich, das ist doch jetzt mein Job.“ Bis zum vergangenen Sommer hat Astrid Hanske die Fächer Deutsch und Wirtschaft an der Moerser Geschwister Scholl Gesamtschule unterrichtet. „Kein Abschluss ohne Anschluss“ – vom Leitsatz, den sie mit den Schülern praktiziert hat, profitiert sie jetzt nach der Pensionierung selber. „Da habe ich doch eine herrliche Anschluss-Aufgabe gefunden.“

Jetzt ist sie nicht nur Awo-Vorsitzende in Rumeln-Kaldenhausen und stellvertretende Vorsitzende des SPD-Bezirksverbands Rheinhausen, sondern eben auch Bezirksbürgermeisterin. Und sie hat viel vor in diesem Amt, das sie augenzwinkernd „Bundespräsidentin im Miniformat“ nennt. Ein Großteil der Aufgaben hat mit Repräsentation zu tun. Aber: Astrid Hanske ist überzeugt davon, dass ihr auch viel gestalterischer Spielraum bleibt.

Miteinander reden ist das Wichtigste

In erster Linie will sie für die Bürger da sein. „Überparteilich!“ Im Mittelpunkt der Arbeit soll das Streben nach einem friedlichen Miteinander stehen. „Wir brauchen hier keine Religionskriege oder Schießereien auf der Annastraße.“ Die unterschiedlichen Gruppen an einen Tisch zu bekommen, daran will die Bürgermeisterin unter anderem arbeiten. Das Motto: Nicht übereinander reden, sondern miteinander. Und: „Die Innenstadt darf nicht sterben.“

Astrid Hanske muss husten. Bei ihrer ersten Bürgeraktion hat sie sich prompt erkältet. Unterschriften für die Cölve-Brücke hat die Bezirksbürgermeisterin gemeinsam mit der Bürgerinitiative bei Eiseskälte auf dem Markt gesammelt. Und von den Aktiven als Dankeschön und zum Einstand ins neue Amt einen so tollen Blumenstrauß bekommen, dass sogar ihr Mann neidisch war. Auch die CDU hat gratuliert. Die stellvertretende Bürgermeisterin Katharina Gottschling hat ihr eine Flasche Wein geschenkt. „Die trinken wir natürlich zusammen.“ Kleine Gesten wie diese sind für Astrid Hanske selbstverständlich.

Noch sind genügend Termine frei für Verabredungen wie diese. So wie es aussieht, wird sich der Kalender allerdings flott füllen. „Ja, es geht schon los mit den Einladungen.“ Handschriftlich wird bisher alles schön ordentlich im weißen Taschenkalender mit Gewerkschaftslogo notiert. „Ich bin noch analog. Mal schauen, ob ich dabei bleiben kann.“ An so manches wird sich die neue Bezirksbürgermeisterin gewöhnen müssen. Die kleine „Fotosession“ für unsere Zeitung gehört dazu. Ihr Kommentar: „Ach du liebe Güte, so oft bin ich zuletzt fotografiert worden, als ich Kleinkind war.“

>> BÜRGERSPRECHSTUNDE MIT ASTRID HANSKE

Ihre ersten Sprechstunden hat die neue Bezirksbürgermeisterin alleine verbracht. „Schade“, sagt sie und hofft nun, dass die Menschen das Angebot annehmen und zu ihr ins Rathaus an den runden Kaffeetisch kommen.

Zweimal pro Woche ist Astrid Hanske in ihrem Zimmer 206 zu festen Terminen für die Bürger da: montags von 11 bis 13 Uhr und donnerstags von 14 bis 16 Uhr. Eine Anmeldung ist nicht notwendig, ein Aufzug ist vorhanden.