Züchter in Rheinhausen beobachten, dass ihre Brieftauben vermehrt Opfer von Greifvögeln wie dem Wanderfalken werden. Der steht unter Artenschutz.

Es gurrt im Garten von Franz-Josef Cremers. Wo sich bei anderen vielleicht die Terrasse befindet, steht auf dem Grundstück des 65-Jährigen in der alten Bergheimer Zechensiedlung ein Taubenschlag. „Die kennen schon ihren Züchter“, sagt er stolz, als er den Raum betritt, in dem insgesamt 20 Vogelpaare beheimatet sind. Die Taubenzucht ist seit mehr als 50 Jahren sein großes Hobby. Franz-Josef Cremers steckt viel Geld und Zeit hinein. Doch etwas macht ihm Sorge: Die Greifvögel, vor allem Wanderfalken, die vermehrt im Stadtgebiet auftauchen und seine Brieftauben schlagen.

„Das nimmt Ausmaße an, das kann sich keiner vorstellen“, sagt Cremers. Er zeigt Fotos von einer Taube, die er im vergangenen Jahr auf dem Dach eines Nachbarn fand, geschlagen von einem Wanderfalken. Der Wert des Tieres: 500 Euro, ein Schaden, der ihm nicht ersetzt wird. Ähnlich ergeht es Freund Willi Unger. Im vergangenen Jahr habe er 20 Tiere verloren, von zehn wisse er, dass sie Opfer von Greifvögeln wurden. Die anderen seien nicht wiedergekommen. Für Züchter ein großes Problem.

Franz-Josef Cremers (65) kann seine Tauben aktuell nur im Taubenschlag halten. Demnächst beginnt für sie dann wieder das Training.
Franz-Josef Cremers (65) kann seine Tauben aktuell nur im Taubenschlag halten. Demnächst beginnt für sie dann wieder das Training. © Lars Heidrich

„Ich erkenne den Wert der Tauben für die Züchter an“, sagt Dr. Randolph Kricke, der als Artenschutzbeauftragter der Stadt Duisburg weiß, dass das Thema Konfliktpotenzial birgt: „Die Taubenzucht ist ein Kulturphänomen des Ruhrgebiets, das es zu erhalten gilt“. Er betont aber auch: Greifvögel seien von sich aus gekommen, der Mensch solle nicht eingreifen. Wanderfalken sind in den 80er Jahren ausgesiedelt worden, weil ihre Population zurückgegangen war, sie stehen unter Schutz. Mittlerweile finde keine aktive Aussiedelung mehr statt, einzig beim Brüten würden die Wanderfalken mit Nistkästen unterstützt, erklärt Kricke.

Bis März im Stall

Doch sie, Sperber und Habichte, seien der Grund dafür, dass Franz-Josef Cremers seine Tauben zwischen Oktober und Mitte März nicht frei fliegen lassen kann. „Ob das im Sinne des Tierschutzes ist, bezweifle ich sehr“, sagt er.

„Wanderfalken sind in Mitteleuropa heimisch. Das ist ein großer Erfolg des Naturschutzes, dass es sie wieder gibt“, erklärt Jürgen Hinke, Vorsitzender vom Nabu Duisburg. Sperber würden keine Tauben erbeuten, eher Wanderfalken und vielleicht Habichte, meint er. Der Wanderfalke würde sich allerdings keine Beute aussuchen, die es ihm allzu schwer mache und daher eher Stadttauben jagen. Genau diese Tiere seien aber besser an Greifvögel gewöhnt, als seine Tauben, fürchtet Franz-Josef Cremers.

Jedes Jahr macht er sie fit – auch damit sie an den 13 Preisflügen teilnehmen können. Willi Unger vergleicht das Training der Tauben mit dem von Profisportlern. Täglich fliegen sie dann 60 Kilometer, zur Vorbereitung und zum Muskelaufbau. „Die Brieftaube ist das Rennpferd des kleinen Mannes“, erklärt Unger die Tradition.

Mit einem Lkw werden die Tauben an einen beliebigen Startpunkt in Deutschland gefahren. So beginnt ihr Flug. Immer finden sie das Ziel wieder: das Dach des heimischen Taubenschlags ihres Züchters. Es ist diese Faszination, welche die Begeisterung für Franz-Josef Cremers und Willi Unger ausmacht.

Wären da nicht die Raubvögel. Cremers hat zur Abschreckung auf seinem Taubenschlag eine Warnleuchte angebracht, so hofft er die Tiere von seinen Schützlingen fernhalten zu können...