Duisburg-Homberg. . 1900 gab es in der Gemeinde, die damals gerade einmal 9000 Einwohner hatte, 120 Lokale. Was von ihnen übrig ist, weiß Archivar Reinhard Stratenwerth.

Homberg, um das Jahr 1900: Eine Zeit ohne Fernsehen, Vergnügungsparks, Internet und Fußball-Bundesliga. Was machte die hart arbeitende Bevölkerung in ihrer Freizeit? Sie ging in eine der unzähligen Gaststätten. Um die 120 Kneipen und Gaststätten hat es damals in dem gerade einmal 9000 Einwohner zählenden Bereich zwischen Essenberg, Alt-Homberg, In den Haesen, Hochheide und Hochhalen/Gerdt gegeben. Herausgefunden hat dies Rheinhard Stratenwerth, Archivar des Freundeskreises Historisches Homberg. Aus seinen Recherchen hat er einen Bildervortrag gemacht, den er Anfang Oktober halten will (Termin: siehe Kasten unten).

Wie kam es aber überhaupt zu der Idee, sich mit der Kneipenhistorie seiner Heimatstadt zu beschäftigen? Klar, die Idee kam beim Bier. „Nach einer Vorstandssitzung haben wir noch zusammengesessen und unter anderem über die vielen Gaststätten gesprochen, die es hier einmal gab“, sagt der 77-Jährige. Folgen sollte die wohl längste Recherche, die Stratenwerth in seiner Zeit beim 1985 gegründeten Freundeskreis, jemals gemacht hat. „Mehr als 200 Stunden habe ich bisher investiert und es kommen immer noch Informationen hinzu.“

Die Liste hat er bereits erweitert

Um die erst kürzlich von 115 auf 120 Etablissements erweiterte Liste überhaupt erstellen zu können, wälzte er sein eigenes Archiv und auch das des Freundeskreises, dazu blätterte er sich durch seine 1000 Exemplare umfassende Postkartensammlung und wühlte sich durch allerlei Festschriften, die Vereine im vergangenen Jahrhundert herausgebracht hatten. „Darin waren viele Anzeigen von Gaststätten geschaltet“, weiß Stratenwerth.

Allein in Essenberg, wo so mancher glaubt, das Chemiewerk Huntsman (früher Sachtleben) hätte den Ortsteil quasi verschluckt, hatte früher einmal acht Gaststätten. Zwischen „Zur Rheinfähre“, das es unter dem Namen „Homme D’or“ heute noch gibt, und etwa der Höhe der heutigen A40-Brücke gab es drei weitere Lokale: „Hessels“, „Zur schönen Aussicht“ und „Rheinpreußen“. Alle drei sind längst abgerissen, wobei Stratenwerth das Ende des Restaurants „Hessels“ im Jahre 1975 schon aus architektonischer Sicht für eine Sünde hält (siehe Foto oben links). Das um 1900 gebaute Haus verfügte über hübsche Türmchen, wirkte wie ein Schloss. An dieser Stelle am Rhein steht heute nur noch eine Mauer, der Freundeskreis hat dort jüngst ein Wandgemälde angebracht, das auf die ehemalige Gaststätte hinweist.

Außer dem Homme D’or ist Essenberg gaststättentechnisch wenig geblieben, Gebäude wurden abgerissen, eines davon würde sich heute ohnehin auf dem Huntsman-Werksgelände – Nähe Tor 5 – befinden. Das „Haus Gess“, früher „Zum deutschen Reichskanzler“ an der Duisburger Straße steht noch, es ist aber seit Jahren geschlossen.

Ein Schicksal, das vielen Lokalen widerfahren ist. Stratenwerth hat seine ursprüngliche Zahl von noch 23 bestehenden Betrieben auf 15 korrigiert, nach Abzug der reinen Esslokale. Beispiele für das massenhafte Aus: Das Gelände von „Hussmann“ an der Friedrichstraße in Alt-Homberg wurde seither nicht neu bebaut, auf dem Areal von „Im Deutschen Hause“ an der Feldstraße stehen heute ebenso Wohnhäuser wie an der ehemaligen „Zur Tenne“ in Hochheide.

Die Witwe Klein vom Bismarckplatz

Zu all diesen Wirtschaften wird Reinhard Stratenwerth viel zu erzählen haben, er hat alte Fotos, Postkarten und von allen Gebäuden und Geländen aktuelle Fotos geschossen. Beispiel für eine Lokalität, die es heute noch an selber Stelle gibt, ist die Restauration von 1895 der Wwe. (Witwe) Catharina Klein an der Moerser Straße. „Die Gaststätte ,Zum Fürsten Bismarck’ hatte im Laufe ihrer 120-jährigen Geschichte diverse Namen. Jahrzehntelang war sie unter dem Namen des langjährigen Wirtes als ,Wilmschen’ bekannt und beliebt.“ „Espresso-Diskothek“ hieß der Laden schon einmal oder auch „Rock in“ oder „Calabrisella“, seit 2016 „Vespa 50“.

Einige Gaststätten sind aber selbst Reinhard Stratenwerth bisher unbekannt, so ist auf einer Postkarte (siehe unten) ein Restaurant, direkt am Rhein in Homberg zu sehen, „es könnte in Gerdt sein, genau weiß ich es aber leider nicht.“ Ebenso geht es ihm bei einer Kneipe an der Eberhardstraße, die 1995 fotografiert wurde, „hier ist leider der Name nicht zu erkennen.“

Vortrag am 6. Oktober im KFZ Augustastraße

Der Bildervortrag „Homberger Gaststätten gestern und heute“ mit vielen Bildern und Plakaten beginnt am Donnerstag, 6. Oktober, um 19 Uhr, im Saal des KFZ, Augustastraße 48. Eintritt frei, Aufzug vorhanden.