Der Moerser Lokalhistoriker und Buchautor Bernhard Schmidt: „Auch die sozialdemokratische Widerstandsgruppe der Brotfahrer der Germania-Brotfabrik in Hamborn wurde 1935 verhaftet. Die 167 Angeklagten im Prozess 1936 hatten illegale Schriften der Exil-SPD konspirativ an Kunden in Duisburg und am Niederrhein verteilt oder gekauft. Das OLG Hamm verurteilte sie zu geringeren Zuchthausstrafen als die Kommunisten.“
Ernst Hermsen, der Vorsitzende Richter des für politische Prozesse zuständigen dritten Senats des OLG Hamm, war laut Karl-Heinz Lahrmann „ein eifriger Diener des NS-Regimes“. Hermsen wurde für seine Urteile nach Kriegsende nie belangt, sogar als Jurist in den Staatsdienst wieder eingestellt. Insgesamt wurden rund 800 NS-Richter in den Justizdienst der Bundesrepublik übernommen, ergaben historische Forschungen.
Was Karl- Heinz Lahrmann ebenfalls herausfand: Alle 80 Angeklagten im „Jahny-Prozess“ kamen vom Niederrhein: 33 aus Moers, 29 aus Rheinhausen, 15 aus Kamp-Lintfort, die übrigen drei aus Rumeln, Hamborn und Gerdt. Fast alle Angeklagten stammten aus dem Arbeitermilieu, 42, gut die Hälfte, aus dem Bergbau, viele aus dem Krupp-Hüttenwerk und Maschinenbau in Rheinhausen. Viele waren bei ihrer Verhaftung arbeitslos, wenige vorbestraft. Sehr viele hatten den Ersten Weltkrieg beim Militär erlebt, mancher erhielt Kriegsauszeichnungen. Viele Angeklagte, unter ihnen auch sehr junge Menschen, waren krank, behindert oder Invalide und bezogen mit 40 bis 70 Reichsmark pro Monat eine sehr geringe Rente.“