Duisburg-Rheinhausen. . Konzern Yusen-Logistics schlägt auf Rheinhauser Logport-Gelände unter anderem Motoröle und Druckgasbehälter um. Und übererfüllt sämtliche Sicherheitsstandards.
Wer bei der Firma Yusen-Logistics Gefahrstoffe sehen möchte, muss gut zu Fuß sein. Von Halle D, dort befindet sich die Verwaltung, bis Halle N, ist es ein gutes Stück – immer entlang der Marseiller Straße auf dem Rheinhauser Logport-Gelände. Standortleiter Danny Ballisai, 38, seit 16 Jahren bei dem international agierenden Logistiker beschäftigt, geht voran. Zeigen will er die Sicherheitstechnik, die in Halle N steckt. „Wir haben nichts zu verbergen“, sagt er und spielt damit auf den Mitbewerber Talke an, der seine Pläne für ein Gefahrstofflager bekanntlich begraben hat (wir berichteten mehrfach).
Man könne die beiden Lager nicht vergleichen, sagt der Standortleiter auf dem Weg zu „seiner“ Gefahrstoffhalle. In Sachen Tonnage sei man weit entfernt von dem, was einst Talke genehmigt haben wollte. Ein Beispiel: Druckgasbehälter, etwa mit Raumspray gefüllt, sind hoch entzündlich, würde man mehr als 50 Tonnen davon lagern wollen, würde man eine sogenannten Genehmigung nach Bundes-Immissionsgesetz benötigen. „Wir lagern 27 Tonnen“, sagt Ballisai. Bei Motoröl-Fässern dürften es fünf Tonnen sein, Yusen lagert eine Tonne.
„Es werden keine Stoffe umgefüllt“
Neben der Tonnage, die bei Talke wesentlich höher gewesen wäre, als bei der genehmigten Yusen-Gefahrstoffhalle, sei aber vor allem eines entscheidend, „es werden bei uns keine Stoffe umgefüllt. Die Ware kommt verpackt rein, bleibt bis zu einem Monat und geht dann wieder raus“, erklärt Ballisai. Dass die Stadt Duisburg die Halle genehmigt habe, liege neben den beiden Faktoren Tonnage und „Nicht-Umfüllen“ aber vor allem an den hohen Sicherheitsvorgaben, die Yusen für den Betrieb zu erfüllen hat.
Welche das genau sind, zeigt sich bereits vor dem Betreten der Halle. Neben der obligatorischen gelben Warnweste verteilt Maik Mohnke vom Customer-Servicebereich Geräte mit dem gruseligen Namen „Totmannwächter“. Die sehen aus wie kleine Funkgeräte, grob gesagt sollen die Apparate Menschen auffindbar machen, die von einer gewaltigen Ladung Schaum begraben wurden. Werden die Geräte einige Sekunden nicht bewegt, stoßen sie einen schrillen Ton aus. Anhand dieses Tons können Rettungskräfte die Person dann in der Halle orten. Was bei einer Hallengröße von 5000 Quadratmetern irgendwie absurd klingt, ist jedoch die einzige Möglichkeit, Menschen aus Löschschaum zu retten.
Zur Erklärung: Kommt es zu einem Brand in der Halle, reagiert eine Anlage samt 9000 Liter umfassendem Löschschaumtank, der Schaum vermischt sich mit Wasser, riesige Turbinen fluten dann die Halle. „Nach einer Minute steht der Schaum zwei Meter hoch, innerhalb von drei Minuten bis zur zwölf Meter hohen Decke“, erklärt Ballisai. Wer sich zu diesem Zeitpunkt in der Halle aufhält, sollte sich fix zu einem im Abstand von 30 Metern eingerichteten Notausgänge bewegen. Wer das nicht schafft, oder womöglich stürzt, wird vom Schaum begraben. Atemluft bietet dann einer der zahlreichen Sauerstoff-Selbstretter in der Halle. „Die Geräte geben bis zu 30 Minuten Sauerstoff.“ Dank des Totmannwächters, den Ballisai eigentlich lieber „Lebendmannwächter“ nennen möchte, ist der Verunglückte auffindbar.
9000 Palettenstandorte
Diese Schaumturbinen, die hier niemand jemals in Betrieb sehen möchte, sind aber nicht die einzigen Schutzanlagen in Halle N. Jeder der 9000 Palettenstandorte, der jeweils drei Euro-Paletten fasst, ist mit einer eigenen Sprinkleranlage ausgestattet, Fächer für Druckgasbehälter sind von drei Seiten umschlossen, sodass sie sich bei einer Explosion lediglich in eine Richtung bewegen können. Ebenso sei die gesamte, rund zwei Millionen Euro teure Lagerhalle als Wanne gebaut. Laufe irgendwo eine Flüssigkeit aus, könne diese die Halle nicht verlassen.
Gaswarnmelder sorgen zudem dafür, dass bei zu hoher Konzentration von Gas in der Luft, die Lüftung startet. Außerdem öffnen sich die Dachluken und Fenster.
„Unsere Sicherheitsvorkehrungen umfassen mehr als von den Behörden gefordert, mehrmals im Jahr kommen unter anderem Feuerwehr und TÜV zur Kontrolle.“ Alle Mitarbeiter seien ausgebildete Brandschutzhelfer, Ersthelfer und seien selbstverständlich im Umgang mit Ladung und Gefahrgütern geschult. Im an das Lager angrenzenden Büro hängt ein Zettel an der Wand, darauf steht, dass der Betrieb seit 548 Tagen unfallfrei ist. „Ich habe das 2014 eingeführt, wir waren aber auch vorher unfallfrei“, so Ballisai. In einer anderen Halle habe man die Zahl nach einem Unfall schon einmal wieder auf 0 stellen müssen. Jemand hatte sich bei der Warenkommissionierung mit einem Messer in den Finger geschnitten...
DAS UNTERNEHMEN
Yusen Logistics ist Teil der börsennotierten NYK-Gruppe, der größten japanischen Reederei mit einem Umsatz von rund 20 Milliarden US-Dollar (2012). Mit rund 48.000 Mitarbeitern an mehr als 300 Standorten zählt die Gruppe zu den weltweit führenden Logistikern.
In Deutschland beschäftigt Yusen-Logistics laut eigener Angabe 530 Mitarbeiter an sieben Niederlassungen und verfügt insgesamt über 125.000 Quadratmeter Lagerfläche. Am Standort Duisburg sind auf 60.000 Quadratmetern Fläche (5000 davon macht das Gefahrstofflager aus) 250 Mitarbeitet tätig.