Duisburg-Eisenbahnsiedlung. . Nach der Ausstrahlung der Doku „Hartz und herzlich“ fühlen sich Anwohner der Eisenbahnsiedlung getäuscht und schreiben einen offenen Brief an RTL II.

Die Sozial-Dokumentation „Hartz und herzlich“ bei RTL 2 vom vergangenen Samstag hat für viel Wirbel im und um das Viertel gesorgt. Die Redaktion erreichten zahlreiche Anrufe und Leserbriefe, zudem gingen auf unserem Internetportal weit mehr als 100 Kommentare ein. Der Tenor reichte von Entsetzen darüber, dass außer einigen Hartz IV-Schicksalen kaum etwas aus der Siedlung gezeigt wurde, bis zu Häme und Unverständnis. Motto: „Selbst Schuld. Wer sich mit RTL II einlässt, braucht sich nicht zu wundern, wenn am Ende ,Proll-TV’ gesendet wird“. Jetzt hat sich der Verein „Interessengemeinschaft Hohenbudberg Eisenbahnsiedlung“ zu Wort gemeldet. Mit einem offenen Brief an den Sender RTL II.

Verein und Ort samt Bewohner für Quotenziele instrumentalisiert

Hier Auszüge des Briefes: „Sie haben Verein und Ort samt Bewohner in Ihrer Sendung für Ihre Quotenziele instrumentalisiert. Zunächst dürfen wir feststellen, dass es in unserem Ort neben den Berufstätigen und Ruheständlern auch Menschen gibt, die auf Transferleistungen des Sozialsystems angewiesen sind, darunter sind selbstverständlich auch Hartz IV Empfänger. Angesichts der gesamtgesellschaftlichen Dimension von Transferleistungen ist dieser Umstand weder überraschend noch außergewöhnlich.“

Michael Küsters, 1. Vorsitzender des Vereins, schreibt weiter: „Mitarbeiter einer für Sie tätigen Produktionsfirma schlichen sich geschickt in unsere Gemeinschaft ein und täuschten uns hinsichtlich ihrer wahren Motive. Nachdem sie dabei auf ein positives Beispiel des Zusammenlebens unterschiedlichster Menschen stießen, orientierten sie sich wohl neu. Sie suchten offensichtlich gezielt nach Menschen am Rande unserer Gesellschaft und wurden fündig. Diese Menschen kannten wir bis dato nicht persönlich, nach Ihrem Bericht, der alle gängigen Klischees bediente und auf Effekthascherei ausgerichtet war, hat sich daran nichts geändert. Insofern können wir nicht beurteilen, inwieweit das von Ihnen gezeichnete Zerrbild der Realität entspricht.“

„Niedrigstes Niveau“

Küsters und sein Verein verwahren sich „ausdrücklich dagegen, dass Sie unter Verwendung von Unwahrheiten und diesen Bildern die Eisenbahnsiedlung als Schmelztiegel von Verbrechern, Süchtigen und sonstigen asozialen Elementen darstellen. Bei uns hat sich der Eindruck verfestigt, dass Sie mit Ihrem Sender ausschließlich eine Zielgruppe ansprechen wollen, bei der Sie nur mit Beiträgen auf niedrigstem Niveau eine Einschaltquote erreichen können.“

Man habe für den ersten Teil der Sendung sogar noch Werbung gemacht, für Teil 2 werde man dafür keinen Finger krümmen, „da werden nur die Daumen und die Quote nach unten gehen.“