Duisburg-Eisenbahnsiedlung. Empörung über RTL II-Dokumentation aus der Eisenbahnsiedlung ist nach wie vor groß. Wobei sich Stadt und Bezirksbürgermeister mit Kritik zurückhalten.

Einen authentischen Blick auf Menschen, die nah an der Armutsgrenze leben, aber auch Porträts von Leuten, die bereits lange in der Eisenbahnsiedlung leben; der Fernsehsender RTL II wollte mit seiner Dokumentation „Hartz und herzlich“ beides bieten. Stimmen von vor Ort, Leserbriefe und Online-Kommentare (siehe rechts auf dieser Seite) sprechen eine eindeutige Sprache: Nabelschau bei den Verlieren der Gesellschaft: Ja. Ausgewogene Darstellung diverser Facetten der Siedlung: Nein.

Offizielle Aussagen zu der Sendung, die, da sind sich Siedler wie Kommentatoren einig, ein mehr als negatives Bild von Duisburg und der Eisenbahnsiedlung zeigt, gibt es derweil kaum. Von Seiten der Stadtverwaltung mochte sich niemand zu dem RTL II-Machwerk von Samstag äußern. Und auch Bezirksbürgermeister Winfried Boeckhorst (SPD) hielt sich zurück. Hatte er sich die Doku doch gar nicht angeschaut. „Ich sehe sehr ausgewählt Fernsehen, habe zudem kein Faible für Berichterstattung, die offenbar nur auf Sensation und Konfrontation aus ist.“

Sendung mit Schaudern verfolgt

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Zu Wort gemeldet hat sich Leserin Gerda Leibner, hier Auszüge ihres Briefes: „Die Dokumentation hat mich traurig gemacht. Wir bieten hier sowohl kulturelle als auch andere Zusammenkünfte an. Wir haben den Singkreis, alle 14 Tage ein gemeinsames Frühstück, geselliges Beisammensein. Wir haben die Chorgemeinschaft, Tanzgruppen, Musikcorps und alle haben einen guten Namen. Seit vielen Jahrzehnten besteht ein gutes Verhältnis zu unseren Mitbürgern ausländischer Herkunft, die Arbeit fanden beim größten Verschiebebahnhof Europas.“

In der Siedlung würden so viele Menschen leben, die hier geboren und aufgewachsen sind, die ihre Häuser haben und alles in Ordnung halten. „Das ist die Siedlung, die man hätte zeigen können. Im Laufe des letzten Jahrzehnts sind auch Menschen unsere Mitbürger geworden, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen, sie arbeiten und klagen wenig.“

"Viel Natur, keine Hektik, wenig Verkehr"

Udo Schulz fährt häufig mit dem Fahrrad durch die Eisenbahnsiedlung, er habe die Sendung mit Schaudern verfolgt. „Da wurde eine der schönsten Siedlungen von Rheinhausen in eine Schmuddelecke gerückt. Es sollte laut RTL II kein Frauentausch-Ableger werden. Leider wurde es noch viel schlimmer. Wegen einer Hand voll Hartz IV-Menschen, wo bei einigen der Glaube fehlt, etwas daran zu ändern, wurde aus der Siedlung ein sozialer Brennpunk gestrickt.

Alles was diese Siedlung lobenswert macht, wurde nicht erwähnt: Rheinvorland, die Geschichte des Wasserturms, die frühere Arbeit der Basisgruppe im Jugendheim Eisenbahnsiedlung und vieles mehr. In der Eisenbahnsiedlung ist es ruhig, es gibt viel Natur, keine Hektik und wenig Verkehr.“ Leider habe RTL II den Eisenbahnsiedlern diese schöne Romanze zerstört. „Vielleicht könnt ihr durch eine Unterschriftenliste die Ausstrahlung der zweiten Folge verhindern oder zumindest überarbeiten lassen. Wenn nicht, lasst euch nicht unterkriegen. Kopf hoch.“