„Sie haben heute ein Zeichen gesetzt: Sie sind nicht damit einverstanden, dass man an der Grenze auf Flüchtlinge schießt“, sagte Pfarrer Thomas Gregorius nachdrücklich wohl auch im Hinblick auf Äußerungen, die aus AfD-Kreisen laut wurden. Denn fast 200 Gäste waren in die evangelische Kreuzkirche in Friemersheim gekommen, um ein Benefizkonzert des Akkordeon-Orchesters Rheinhausen für Flüchtlingsprojekte der Kindernothilfe im Libanon zu unterstützen.
Dr. Jürgen Thiesbonekamp, ehemaliger Pfarrer der Gemeinde und früherer Leiter der gemeinnützigen Organisation, sagte: „Der Libanon hat seit Beginn des Syrienkriegs etwa eine Million Flüchtlinge aufgenommen, das sind etwa ein Drittel der ursprünglichen Bevölkerung dort. Unser Anliegen ist es, vor allem die Menschen zu versorgen, die im grenznahen, weitläufigen Chouf-Gebirge im Osten des Libanons Zuflucht gefunden haben.“ Um etwa 14.000 geflohene Kinder gehe es konkret, nicht allein die Organisation von Lebensmitteln und Lehrmaterial stehe im Vordergrund, auch die Beschulung der Kinder und die Traumabewältigung habe hohen Stellenwert. „Unglaublich viele Kinder leben mit den fürchterlichen Eindrücken des Krieges, wir versuchen ihnen diese Angst nach und nach zu nehmen“, so Thiesbonekamp, der sich jetzt ehrenamtlich für die Kindernothilfe engagiert.
„Schlechte Schulsituation“
Eindrucksvoll zeigte der ehemalige Pfarrer der Gemeinde über eine Videoleinwand einen Film, der auch im „Weltspiegel“ in der ARD gesendet wurde. Man sah, wie schwierig die Situation für die Menschen ist, da die Bergdörfer, in denen sie notdürftig leben, entlegen sind: „Gerade die Schulsituation ist besonders schlecht, wir versuchen Busse für die Kinder zu organisieren, damit sie überhaupt zur Schule gelangen können“, sagte Thiesbonekamp. Er stellte das Kinderschutzzentrum „Al Mahabbah“ (Die Liebe) näher vor, Psychologen und Sozialarbeiter versuchen hier die traumatisierten Kinder mit speziellen Therapieformen aus der Schockstarre zu lösen, ihnen wieder ein normales Leben zu ermöglichen. „Ein Kind sagte einmal über diese Einrichtung: „Hier in diesem Haus atme ich Angst aus – und Liebe ein““, so Thiesbonekamp.
Schon mehrere Male hatte das 1. Akkordeon-Orchester Rheinhausen die Kindernothilfe mit Benefizkonzerten unterstützt. „Das letzte Mal haben wir für die Flutopfer auf den Philippinen in 2010 gespielt“, erinnert sich Norbert Schneider, 1. Vorsitzender des Orchesters. Die Musiker präsentierten ein gemischtes Programm, viele bekannte Stücke wie „Little Amadeus in Concert“, ein poppiger Querschnitt über Mozarts Kindersinfonien, waren mit dabei. „Das Potpourri über die Rockband Santiano haben wir aber eigens für heute einstudiert“, verriet Schneider. „Hey Santiano“ - da wurden die Segel imaginär gehisst, als die etwa 30 Akkordeon-Spieler orchestral auf „große Fahrt“ gingen und die Zuhörer applaudierten spontan.
Unter der Leitung von Silvester Pece zeigte das Orchester seine Spielfreude, unterstützt von Anke Thummerer am Klavier, sowie von Eberhard Vogt am Schlagzeug. Im zweiten Teil folgten einige Filmmelodien „I will follow him“ aus „Sister Act“ und „Time Warp“, mit Sequenzen aus Star Trek, Raumschiff Enterprise und Raumpatrouille Orion, bevor das Orchester „Udo Jürgens in Concert“ mit Auszügen aus „Griechischer Wein“, „Merci, Cherri“, und „Mit 66 Jahren“ präsentierte und die Zuschauer mit schnippten.
Eine Überraschung dann zum Schluss: „Rockin all over the World“ von Status Quo mit eingespielter E-Gitarre. Nicht nur Applaus spendeten die Zuhörer reichlich, einige syrische Geflohene waren beeindruckt von der Atmosphäre in der Kreuzkirche und unterhielten sich anschließend lange mit Jürgen Thiesbonekamp und den Gästen.