Duisburg-Rheinhausen. . Die Rheinhauser Sekundarschule bietet als eine von zwei Duisburger Schulen ein ganz besonderes Unterrichtsfach an. Dabei geht es um Mut, Selbstbewusstsein und Teamfähigkeit. Besuch in der Klasse:

Der Anfang gleicht dem Ritual, das etwa Fußballmannschaften zur Einschwörung auf das Spiel machen. Nur umarmen sich die 20 Fünftklässler während sie im Kreis stehen nicht, sie strecken die Arme nach vorne und bewegen sie auf und ab. Es ist das wöchentlich wiederkehrende Procedere, auf das 90 Minuten Unterricht des Faches mit dem Namen „Glück“ folgt. Die Sekundarschule am Rheinhauser Körnerplatz bietet das Schulfach an, neben dem Willy-Brandt-Berufskolleg übrigens als einzige Schule in der ganzen Stadt.

„In dem Schulfach geht es darum, die Stärken jedes einzelnen zu fördern. Zudem wird vermittelt, dass vermeintliche Schwächen durch die Gruppe ausgeglichen werden können“, sagt Lehrerin Simone Kaiser-Gülicher. Viele Kinder wüssten gar nicht, wo ihre Stärken liegen. „Bewusst geworden ist das immer wieder durch Gespräche, die wir etwa mit Unternehmens-Führungen hatten. Es würden so viele Bewerber kommen, die nicht einschätzen könnten, wo sie stehen, was sie gut könnten und wo sie noch Defizite hätten. Solche Aussagen hörten wir sehr häufig.“ Glücks-Unterricht, entwickelt habe diesen der ehemalige Schulleiter Ernst-Fritz Schubert aus Heidelberg (siehe auch Info-Kasten rechts), sei für die Persönlichkeitsentwicklung der Fünftklässler genau der richtige Ansatz.

Die Reise nach Jericho

Die Klasse 5a umrundet eine Stuhlreihe. Auf ein Signal springen alle auf die Stühle. „Reise nach Jericho“ nennt sich dieses Spiel, im Unterschied zur „Reise nach Jerusalem“ dezimiert sind jedoch nicht die Zahl der Schüler von Runde zu Runde, sondern lediglich die Zahl der Stühle. Ergebnis: 20 Schüler springen auf sieben Stühle, sie müssen sich aneinander festkrallen, damit alle ein Plätzchen bekommen. Nach wenigen Sekunden haben die Mädchen und Jungen eine Art menschlichen Turm gebildet. „Sie haben Strategien entwickelt, so dass alle Platz haben. Unser Rekord sind fünf Stühle“, sagt Kaiser-Gülicher.

Die Sekundarschule am Körnerplatz besteht erst seit dem laufenden Schuljahr, das heißt, die Kinder kennen sich noch nicht einmal ein halbes Jahr. „Klar, war das Spiel mit den Stühlen am Anfang schwierig. Klar, gab es Berührungsängste. Allerdings war allen sehr schnell klar, dass es um Vertrauen geht, dass man ein Ziel womöglich nur erreicht, wenn man zusammenarbeitet und anderen hilft“, sagt die Lehrerin. Innerhalb kürzester Zeit sei die 5a eine feste Einheit geworden. So ist es kein Problem, dass sich die Steppkes mit geschlossenen Augen einen randvollen Wasserbecher im Kreis herum reichen, ohne, dass ein einziger Tropfen verschüttet wird. Auch wenn Kaiser-Gülicher dann und wann zu etwas mehr Ruhe mahnen muss: „Wenn ihr hampelt und laut seid, ist es für den, der gerade dran ist, besonders schwierig.“

Das Fach Glück ist wichtig für die Schüler, zeigt sich Simone Kaiser-Gülicher überzeugt. „Es ist auf die gesamte Schulzeit bis zur 10. Klasse angelegt, oberstes Ziel: Die Kinder sollen glücklich sein, mitgeben wollen ihnen Simone Kaiser-Gülicher und ihre Berufskollegen dafür eine Art Repertoire fürs Leben, sie wollen Schlüsselqualifikationen vermitteln und Potenziale fördern. Es gehe dabei um Mut, Selbstbewusstsein, Teamfähigkeit und Hilfsbereitschaft,

Eigenschaften, die man eben nicht nur bei Vorstellungsgesprächen und im Berufsleben benötigt...

DAS UNTERRICHTSFACH „GLÜCK“
Die Idee
des Glücks-Unterrichts stammt aus Baden-Württemberg, in Süddeutschland würden viele Schulen dieses Fach anbieten. In Nordrhein-Westfalen gibt es dagegen nur wenige „Glücks-Schulen“. „Warum das so ist, kann ich nicht erklären, es ist irgendwie hier nicht angekommen“, sagt Lehrerin Simone Kaiser-Gülicher.

Kaiser-Gülicher ist an der Sekundarschule am Körnerplatz aktuell die einzige Glücks-Lehrerin, sie fungiert jedoch als eine Art Vermittlerin, bildet ihre Kollegen zu „Glücks-Lehrern“ aus. Der Unterricht habe sich bewährt, man wolle es ausbauen, etwa mit Gesamtschulen, Kindertagesstätten oder auch Senioreneinrichtungen zusammenarbeiten.