Duisburg-Rheinhausen. . Angehende Friedhofsgärtnergesellen mussten ihre Fantasie spielen lassen. Während der dreistündigen Prüfung mussten sie passend zum Grabstein eine Grabstätte mit diversen Pflanzen gestalten
Die vier jungen Männer geraten ordentlich ins Schwitzen. In der Mittagszeit, bei strahlendem Sonnenschein und hohen Temperaturen arbeiten sie an Einzelgräbern auf dem Trompeter Friedhof. Sie haben die Gräber bis auf den Millimeter genau in den Maßen 1,20 mal 2,50 Meter vermessen und mit Schnüren abgesteckt, lockern, planieren und haken die Erde und setzen letztlich Pflanzen. Die jungen Männer schwitzen aber noch aus einem anderen Grund. Es geht um alles oder nichts: Sie stecken mitten in der praktischen Abschlussprüfung zum Friedhofsgärtnergesellen. Nach drei Stunden müssen sie ihr gestaltetes Grab zur Bewertung durch die Prüfer fertiggestellt haben.
Sowohl die praktische Prüfung als auch die Gruppe der Prüflinge ist zweigeteilt. Während vier von ihnen an den Grabstätten arbeiten, unterziehen sich die übrigen Vier weiteren Prüfungen in den Räumen der Friedhofsgärtnerei Manfred Freuken. Interessant zu sehen ist es jedoch, wie sich allmählich eine jungfräuliche Fläche zu einer Grabgestaltung entwickelt, bei der Grabstein und Bepflanzung harmonisieren und aus dem Leben des Verstorbenen erzählen.
Bevor die vier jungen Männer überhaupt erst Hand anlegen, haben sie schon eine wochenlange Vorbereitungszeit vor sich. Heinz Jenke, Prüfer der Rheinischen Friedhofsgärtner und Inhaber eines Fachbetriebs in Düren, erläutert das Prozedere. In diesem Jahr hat der Trompeter Betrieb „Steinmetz und Steinbildhauer Kerstan“ sechs der insgesamt acht Grabsteine zur Verfügung gestellt, die vorher von der Prüfungskommission aus einer Reihe von Fotos ausgewählt wurden. Diese Grabsteine wurden vor sechs Wochen unter den Prüflingen ausgelost. Vor vier Wochen durften sie sich die Steine vor Ort anschauen. Und danach entstand eine akribische schriftliche Erarbeitung der Grabgestaltung. Genauestens musste beschrieben und mit einer Zeichnung dokumentiert werden, wie die Gestaltung aussehen wird.
Fantasie ist gefragt, denn gerade die Steingestaltung erzählt etwas über den Toten. Nicola Bohnen und ihre Mutter Heidrun Kerstan-Bohnen geben Einblicke in die Arbeit des Steinmetz. Bevor er überhaupt einen individuellen Gestaltungsvorschlag präsentiert, befragt er Hinterbliebene zu der Person des Verstorbenen, welche Hobbys, welchen Beruf, welche Urlaubsvorlieben er hatte. Und so war bei den Prüflingen Fantasie gefragt, als sie zum ersten Mal die Steine sahen. Einem der jungen Männer symbolisierte der Stein, dass in dem Grab ein verstorbener Jäger liegt. Also ziert inmitten von Pflanzen ein Geweih das Grab.
Zeder als Grubenlampe
Ben de Jong, 20 Jahre, wurde ein naturbelassener Stein, quasi mit Ecken und Kanten, zugewiesen. „Ich habe mir vorgestellt, dass hier ein Bergmann begraben ist“, sagt er. Und so erzählt er mit der Anordnung der Pflanzen die „Geschichte des Verstorbenen“. So symbolisiert zum Beispiel eine seitlich stehende Zeder die Grubenlampe, der Bodendecker soll den Bergmann vor Licht schützen, wenn er aus dem Bergwerk kommt. Und das farbenfrohe Beet, unter anderem aus Begonien, steht für das Licht der Grubenlampe.
Ben de Jong wurde im Betrieb „van Beek“ in Uedem von Stefan van Beek, Friedhofsgärtnermeister und Ausbilder in dem väterlichen Betrieb, ausgebildet. Er hatte seinen Schützling zur Prüfung begleitet. Auch hatte der Uedemer Betrieb wie die übrigen Ausbildungsbetriebe die Pflanzen zur Verfügung gestellt. Für Stefan van Beek ist der Friedhofsgärtner ein Beruf mit Zukunft, da immer noch die meisten Menschen auf einen Friedhof beerdigt werden. Ben de Jong entschied sich für diese Ausbildung, da er aus einer Gärtnerfamilie stammt. „Dieser Beruf ist etwas anderes, er ist nicht das Übliche“, sagt der junge Mann. Sein Ziel ist nach drei Gesellenjahren die Meisterprüfung. Aber erst, so räumte Ben de Jong ein, müsse er die Gesellenprüfung bestehen. Nun, er hat sie bestanden wie sechs weitere Auszubildende auch.