Duisburg-Rheinhausen. . Bewegende Geschichtsstunde im Rheinhauser Krupp-Gymnasium: Die jüdische Niederländerin Betty Bausch berichtet Schülern, wie sie die Shoah überlebte

Shoah ist hebräisch und bedeutet die Katastrophe, Holocaust ist griechisch und steht für vollständig verbrannt. Für etwa sechs Millionen ermordete jüdische Menschen, Kinder, Frauen und Männer, war die Shoah die Katastrophe, viele von ihnen von ihnen starben im Holocaust in den Gaskammern der KZs, wurden in den Öfen der Lager verbrannt. Doch wie fühlt es sich an, wenn man dem systematischen Vernichtungsterror der Nazis entkommen ist? Die niederländische Jüdin Betty Bausch hat überlebt. Auf die Frage antwortet die heute 95-jährige Seniorin: „Man muss das Leben umarmen.“

Rund 200 Oberstufenschüler des Krupp-Gymnasiums sind sichtlich beeindruckt von der alten Dame, die in ihrer Jugend, als sie fast so alt war wie sie selbst, um ihr Leben kämpfen musste, nach dem Krieg ihre Traumata verarbeitete, indem sie in Schulen von ihrem schweren Schicksal berichtete. Auch heute im hohen Alter steht die freundliche alte Dame zwei Stunden auf der Bühne der Aula, erzählt in fließendem Deutsch mit charmantem holländischen Akzent ihre Erlebnisse in der finstersten Zeit unserer Nachbarn. Die Schüler, 17/18 Jahre alt, lauschen aufmerksam, konzentriert, ernsthaft, ja gebannt

Betty Bausch wurde 1919 als Betty Polak in Amsterdam geboren, wuchs mit drei Geschwistern in einer jüdisch-humanistischen, gutbürgerlichen Familie auf: „Meine Kindheit war glücklich.“ 1933 kamen die Nazis in Deutschland an die Macht, im Mai 1940 besetzten deutsche Truppen die Niederlande. 1941 wurde sie der Schule verwiesen, wenige Tage vor ihrem Abschluss. Frisch verheiratet, tauchte Betty Bausch mit Ehemann Philipp, einem Offizier, kurz danach in den Untergrund ab. Dreimal versuchte das Paar, mit einem Boot nach England zu fliehen, dreimal vergeblich. Philipp leitete eine Widerstandsgruppe. Ihr Ziel: Güterzüge mit Teilen deutscher V1- und V2- Raketen mit Sprengungen verhindern. Ein Anschlag auf ein Gleis misslang - die Deutschen fassten Betty und Philipp, sie kamen in das berüchtigte SD-Gefängnis in Utrecht, wurden täglich verhört. Bettys Mann wurde grausam gefoltert, im November 1944 in Veenendal hingerichtet. Sie kam nach zehn Tagen mit viel Glück frei. Bei ihrer Haftentlassung erhielt Betty Bausch ihren gefälschten Pass zurück. Sie ging nicht wie geplant nach Palästina, sie blieb in Holland. In den folgenden Jahren bis zur Befreiung wechselte die Jüdin 20 Mal ihren Aufenthaltsort, blieb nie länger als drei Monate an einem Ort, um nicht entdeckt zu werden. Die Holländerin lebte unter mehreren Falschnamen, arbeitete auf Bauernhöfen, als Kindermädchen, Putzhilfe, Babysitterin, Altenhelferin, Dienstbotin, Sozialarbeiterin. Immer mit der Angst im Nacken. Mehrfach war Betty Bausch in Gefahr, aufzufliegen.

Eltern und Schwester starben im KZ

Ihre Geschwister und Eltern tauchten nicht ab, wurden verhaftet und in das berüchtigte Übergangslager Westerbork deportiert. Während die Eltern und die älteste Schwester Betty im KZ Sobibor ermordet wurden, überlebte Bettys Bruder Jaap. Nach dem Krieg emigrierte Jaap in die USA und wurde Vorsitzender der Anne-Frank-Stiftung. Er ist heute 101 Jahre alt. Bettys jüngere Schwester Lies überlebte das KZ Bergen-Belsen, wurde gegen Deutsche ausgetauscht. Die 93-jährige lebt heute in Israel.

1945 hatte Betty Bausch ihren Kampf ums Überleben gewonnen. Später arbeitete sie 25 Jahre als Agrarökonomin für das niederländische Landwirtschaftsministerium.