Buchholz. Schreiben muss keine lästige Pflicht sein. Schreiben kann Spaß machen, erst recht, wenn einem jemand wie die Autorin Lütfiye Güzel dazu interessante Aufgaben gibt - aber so ganz anders als in der Schule. Drei Kinder aus Wanheim hatten jetzt die Möglichkeit, ihre Schreibwerkstatt in der Bezirksbibliothek Buchholz zu besuchen.
Etwas verunsichert betreten Reyhan (10), ihr Bruder Frukan (11) und Nalan (10), ihre Cousine, den Gruppenraum in der Bezirksbibliothek schon. Die drei sind nämlich die einzigen Teilnehmer an der Schreibwerkstatt für Jugendliche, die dort an diesem Nachmittag stattfindet. Die Duisburger Autorin Lütfiye Güzel (42) leitet die Schreibwerkstatt. Sie will den Kindern spielerisch vermitteln, dass Schreiben nicht nur etwas für die Schule ist, eine lästige Pflicht, sondern durchaus Spaß machen kann.
Und dazu holt sie sie dort ab, wo die Kinder stehen. SMS schreiben, das können sie nämlich alle, auch wenn das bei Reyhan, Nalan und Furkan altersbedingt noch nicht zur täglichen Routine gehört.
Zu Beginn gibt sie jedem der Kinder einen Glückskeks, eine Süßigkeit, in deren Verpackung sich ein Spruch befindet, etwa „Deine Wünsche sollen in Erfüllung gehen.“ „Schreibt Eure eigenen Wünsche auf“, sagt sie zu den Kindern. Die beugen sich über ihr Blatt und legen los. „Dass ich beim Glückskeks Glück habe“, schreibt Furkan mit Filzstift. „Mir soll nie etwas Schlimmes passieren“, steht bei Nalan.
Aus dem „Buch der Antworten“
Bei Lütfiye Güzel geht es Schlag auf Schlag, es soll keine Langeweile aufkommen. Blitzschnell drückt sie den Kindern eine Kopie mit einem Foto in die Hand: Ein Junge am Steuer eines landwirtschaftlichen Fahrzeugs. Es handelt sich um die Titelseite eines Buchs. „Erfindet den Titel dafür“, fordert sie die drei auf. „Der Traktorfahrer“, fällt dazu Reyhan ein. Tatsächlich lautet der Titel: „Wir sind doch nicht vom Mond.“
Schon geht eine weitere Kopie herum: das Foto einer Schultasche von hinten. „Ein Alltagsgegenstand“, sagt die Autorin. „Er hat aber das Aussehen eines Smileys, wie ein Gesicht“, hilft sie ihnen weiter. In der Tat könnte man die beiden Druckknöpfe (als Augen) und den Reißverschluss (als Mund) so deuten. Dann sollen die Kinder aufschreiben, wie dieses „Gesicht“ auf sie wirkt: „Ich bin traurig“, deutet es Reyhan. „Die Tasche fühlt sich nicht wohl“, formuliert ihr Bruder.
Zum Schluss wird eine Postkarte geschrieben
Die Autorin wechselt nun zum Zusammenhang von Sprache und Gefühl, zeigt eine Zeitungsseite in chinesischer Sprache. „Wie fühlt man sich, wenn alle das lesen können, nur man selbst nicht?“, will sie wissen. „Man fühlt sich ausgeschlossen“, antwortet Nalan. Dann greift Güzel zu einem dicken Buch, dem „Buch der Antworten“. Jetzt geht es um Sprache und Denken. „Stellt Euch mal eine Frage“, fordert sie die Kinder auf. Dann wird willkürlich in das dicke Buch gegriffen, in dem auf jeder Seite eine Antwort steht - als Anreiz zum Weiterdenken. „Warum gibt es Sport?“, hat Furkan sich ausgedacht. Die Antwort, die er bekommt, lautet: „Du wirst es verstehen, wenn Du älter bist.“
Es geht weiter. Da kommt das Thema „Respekt“ auf und wie man es definiert. Es gilt eine Collage anzufertigen aus Zeitungsschnipseln. Und zum Schluss verfassen die Kinder eine Postkarte.