Huckingen. Einmal im Monat tagt im Malteser-Krankenhaus St. Anna in Huckingen die Gruppe „Frauenselbsthilfe nach Krebs.“ Die meisten der rund 20 Teilnehmerinnen sind oder waren an Brustkrebs erkrankt. Hier stärken sie sich gegenseitig, tauschen wichtige Informationen aus und blicken wieder nach vorn.

Sie alle haben eine Diagnose hinter sich, vor der sich jeder fürchtet: Krebs. Und bei vielen von ihnen ist sie auch noch nicht fünf Jahre her, so dass sie als geheilt gelten könnten. Und doch blasen sie an diesem Nachmittag in einem Besprechungsraum des Malteser-Krankenhauses nicht Trübsal, sondern sitzen munter beisammen wie bei einem Kaffeeklatsch.

„Wir wollen nicht“, sagen sie, „dass die Krankheit an erster Stelle steht, sondern unser Leben, so wie früher.“ Etwa 20 Frauen treffen sich hier einmal im Monat zum Gedankenaustausch. „Man merkt, dass man nicht allein ist“, sagt eine von ihnen.

Die Angst vor dem Rückfall

Die meisten Frauen waren oder sind an Brustkrebs erkrankt. Operation, Chemo-Therapie und Bestrahlung in unterschiedlicher Reihenfolge haben sie meist hinter sich und leben mit der Angst, dass der Krebs wiederkommen könnte.

„Man lebt von Untersuchung zu Untersuchung“, also in Abständen von drei Monaten, erzählt Anke Gertgens, die die Treffen leitet. Je länger das so gehe, desto leichter falle es, damit zu leben. „Unsere Erfahrung soll anderen Frauen Auftrieb geben“, sagt sie.

Die Frage nach der Schuld

Und doch stellt die Krankheit ei­nen großen Einschnitt im Leben dar. „Man fragt sich, ob man es selbst schuld ist“, sagt eine Teilnehmerin. Eine andere bemerkt: „Man fühlt sich ja nicht mehr vollwertig, sondern behindert.“ Erst bei günstiger Prognose ändere sich das wieder. „Man hat Todesangst“, gesteht jemand.

Die Kaffeekanne geht um. „Es ist ganz schön schwierig, wenn man alleine ist, mit der Krankheit zu leben“, bekennt eine ältere Teilnehmerin. Eine andere Frau äußert Verständnis für sie: „Mich haben mein Freundeskreis und mein Partner sehr aufgefangen.“ Eine Mutter erwachsener Kinder wirft aber ein, sie habe anfangs Sorge gehabt, ihre Kinder durch ihr Leiden zu sehr zu belasten. „Das hat sich aber ganz toll entwickelt.“

Prüfstein für Freundschaften

„Ich hab’ meinen Freundeskreis offen einbezogen“, berichtet eine Frau mit Kopftuch. Sie wartet noch darauf, dass ihr Haar nach der „Chemo“ wieder nachwächst. „Die haben mich auch ohne Kopftuch gesehen.“ Überhaupt, sind sich die Frauen einig, sei die Krankheit ein Prüfstein für gute Freundschaften.

Der Einschnitt hat aber auch seine guten Seiten. „Man lebt intensiver, schiebt nichts mehr vor sich her, weil man ja nicht weiß...“, erklärt eine der Krebskranken. Eine andere fügt hinzu: „Man genießt viel mehr, Gerüche zum Beispiel oder Landschaften.“ Auch sei es eine Chance, sein Leben mit 55 Jahren neu zu sortieren.

Ursachenforschung

Und man betreibt Ursachenforschung. „Ich hab’ mich aufgerieben in meinem Job“, gesteht eine der Frauen. Jetzt genieße sie es, zu Hause zu sein. „Ich habe regelrecht Angst davor, wieder in den Job zurückzukehren“, gibt sie zu. „Man wird ja hineingepresst in den Job mit Überstunden und so“, sagt ihre Tischnachbarin, die mit 61 Jahren erkrankte. „Man muss eben lernen, nein zu sagen.“ Weitere wunde Punkte sind schnell genannt: zu schnelles Essen, Fertiggerichte, die Schnelllebigkeit überhaupt. Eine der Frauen bekennt aber, sie komme besser damit klar, wenn sie sich solche Gedanken nicht macht. „Je weniger ich weiß, desto weniger beunruhigt es mich“, sagt sie.