Hüttenheim. Rolf Geiße hat den Kontakt zum Asylbewerber-Übergangswohnheim an der Masurenallee gesucht und sich mit Bewohnern angefreundet. Sein Fazit: Materiell fehle es den Bewohnern an nichts. Aber mehr persönliche Unterstützung könnten sie gebrauchen. Einige ruhten sich bloß aus, warteten auf die Abschiebung. Andere seien begierig, Deutsch zu lernen.
Rolf Geiße (82) hat nie Scheuklappen besessen, hat immer das Gespräch mit dem anders Denkenden gesucht. Das war so, als er in den 1950er Jahren gegen die Wiederaufrüstung Deutschlands eintrat. Und es ist heute so, wenn es um das Thema Zuwanderung geht. In seiner Partei, der SPD, macht der frühere Mannesmann-Betriebsrat sich damit nicht beliebt.
So hatte er vor Jahren Vorbehalte gegen den Bau der Moschee in Hüttenheim. Nicht weil er den Muslimen die Möglichkeit verbauen wollte, ihre Religion auszuüben. Sondern weil er deren Zusammenballung in der Arbeiter-Kolonie für nachteilig hält.
Jetzt ging der gelernte Maurer und siebenfache Vater offen auf die Asylbewerber an der Masurenallee in Wedau zu. Mit erstaunlichen Eindrücken.
Gemeinsam gefeiert
„Ich kann die, die dort aus Mazedonien, dem Kosovo, aus Albanien, Bosnien, Serbien, Vietnam und Nigeria hinkommen, nicht dafür verurteilen, dass sie von dort geflüchtet sind“, sagt der alte Herr. „Wir sind selbst auch während des Zweiten Weltkriegs vor den Bomben nach Süddeutschland geflüchtet.“
Und so hat Rolf Geiße mit vielen Bewohnern an der Masurenallee Kontakt geknüpft, hat ihnen Grillkohle und -fleisch mitgebracht und mit ihnen gefeiert. „In ihren Ländern sind sie sich spinnefeind“, sagt er mit Blick auf die Balkan-Flüchtlinge, „aber hier feiern sie miteinander.“
Rolf Geiße hat mit den Asylbewerbern Behördengänge erledigt, ist mit ihnen zu Ärzten gefahren, hat ihnen den Weg zur „Tafel“ gezeigt. Aufgaben, die eigentlich städtische Mitarbeiter übernehmen müssten. Aber irgendwie, sagt er, seien da nicht die richtigen Leute eingesetzt. „Die sind mit den Mentalitäten gar nicht vertraut.“
Zwei verschiedene Mentalitäten
Rolf Geiße hat grob zwei Mentalitäten kennengelernt: „Die Syrer, die jetzt verstärkt kommen, auch die Iraker“, sagt er, „die haben einen starken Willen, zu lernen. Die kommen nicht, um sich hier auszuruhen.“
Anders aber die Flüchtlinge vom Balkan: Die seien inzwischen an Rhein und Ruhr fest vernetzt, besuchten sich gegenseitig. Eine sechsköpfige Familie bekomme, so Geiße, vom Sozialamt 1650 Euro monatlich auf die Hand. Aber arbeiten könnten sie hier nie, sprächen noch nach sechs Monaten kein Wort deutsch. „Sie wissen, dass sie hier nicht bleiben können und versuchen alles, um ihre Rückkehr hinauszuzögern.“ So träten plötzlich Wehwehchen auf, lasse man sich ins Krankenhaus einweisen. Die Bereitschaft, in die Hände zu spucken, sei gar nicht vorhanden. Sie gingen vielmehr davon aus, dass sie hier versorgt würden.