Altstadt. .

An Edeltraud Müllers Haustür klebt der Segen der vergangenen Jahre. 2008 zog sie in die Karmel-Kommunität in der Innenstadt, entschied sich für ein Leben in der spirituellen Gemeinschaft. „Ich hoffe, dass ist die letzte große Entscheidung in meinem Leben“, sagte sie damals im Gespräch mit unserer Zeitung. Sieben Jahre später ist die sie glücklich. Die gebürtige Kölnerin hat ihr Leben stets mit Gott geteilt. 1963, nachdem sie als junge Frau eine Ausbildung zur Krankenschwester gemacht hatte, wurde sie „Missionsschwester vom Heiligsten Herzen Jesu“.

Mit 70 noch einmal an die Basis

Doch das Leben mit all den starren Konventionen fiel ihr schwer. Der Aufbruch, der durch das Zweite Vatikanische Konzil entstand, kam nur langsam voran. „Vor lauter Einhaltung der Regeln kam man gar nicht mehr dazu, Menschen zu helfen.“ Sie wandte sich 1974 ab, trat aus dem Orden aus und führte ein weltliches Leben. Sie widmete ihr Leben Alten, Kranken, Menschen mit Handicaps sowie Sterbenden. 1980 baute Edeltraud Müller ein Seniorenheim auf, in dem sie und die Mitarbeiter als Ältere selbst gerne wohnen würden. Pflegerinnen trugen private Kleidung und um Leben ins Haus zu holen, gab es Therapiehunde.

Als sie schließlich in Rente ging, pilgerte sie mit einer Bekannten den Jakobsweg nach Santiago de Compostela. „Ich wollte mich in meine neue Rolle einfinden und offen werden für einen neuen Lebensabschnitt.“ Alleine leben wollte sie nicht. Durch Zufall hörte die heute 71-Jährige von der Karmel-Gemeinde. Sie wollte wieder mit Menschen zusammenwohnen, denen Spiritualität wichtig ist. Sie bewarb sich. Doch bevor man aufgenommen wird, muss man zunächst 18 Monate an gemeinsamen Angeboten teilnehmen, um die anderen Mitglieder kennen zu lernen. Weitere 18 Monate sind eine Art Prüfung, ob man dieses neue Leben wirklich will. „Ich kann gar nicht sagen, was ich für Erwartungen hatte. Besser ist sowieso, wenn man keine hat.“

In der Kommunität leben derzeit 13 Personen, darunter Ärzte, Krankenschwestern, Finanzbeamte und Pensionäre. Männer und Frauen gemeinsam. „Wir beginnen den Tag mit einer anderen Haltung. Für mich ist klar, dass ich meine Arbeit, die Begegnungen und alle Gespräche in den Dienst Gottes stelle. Abends betet die Gemeinschaft. „Wir gestalten aber auch die Wortgottesdienste mit oder bieten Sprechzeiten für Menschen in Not an“, schildert Edeltraud Müller die Aufgaben.

Doch nach einiger Zeit merkte sie, dass sie nicht nur nach innen wirken, sondern sich wieder um Alte und Kranke kümmern möchte. Der Dienst am Nächsten ist ihr wichtig. „Das ist mein Lebensthema“. In der Caritas bietet sie seitdem Seniorentanz an, unterrichtet in Altenpflegeschulen und klärt dort über den Umgang mit Demenz auf. Als 70-Jährige wurde sie zum „Bufdi“.

Eigentlich ist der „Bundesfreiwilligendienst“ für junge Leute gedacht. Doch die ehemalige Altenheimleiterin wollte wieder an die Basis. Sie begleitete eine 62-jährige Frau mit Down-Syndrom beim Sterben. „Das hat über ein Jahr gedauert, aber es war eine kostbare Zeit. Für uns beide.“ Mit ihrer warmherzigen Art nimmt Edeltraud Müller dem Tod die Schwere. „Wenn man gut gelebt hat, kann man in Frieden gehen.“

Die Karmel-Kommunität soll ihre letzte Station sein. „Wir haben uns versprochen, uns gegenseitig zu helfen, ohne uns zur Last zu fallen.“ Sie hat ihren Platz gefunden. „Ich fühle mich getragen von der Gemeinschaft.“