Neudorf. .

Bei Rita Overmann ist jeden Tag großer Bahnhof: Vor rund 37 Jahren machte ihr Mann sein Hobby zum Beruf – er baute ein Fachgeschäft für Modellautos und Eisenbahnen auf. Overmann macht sich schnell einen Namen, es war die Blütezeit der kleinen Bahnen. Seit dem Tod ihres Mannes vor einigen Jahren führt sie das Geschäft alleine weiter. Dennoch werden die Modelleisenbahn-Freunde immer weniger. Rita Overmann wird ihren Laden an der Gneisenaustraße wohl über kurz oder lang aufgeben.

Jüngere mögen schnelle ICEs

Auf Schienen tuckern gemütlich Dampflokomotiven oder rasante ICEs vorbei. Sie drehen Runde um Runde, zischen durch Tunnel. Bei Rita Overmann gibt es wirklich alles, was Hobby-Bahner brauchen: Trassen, Lokomotiven natürlich, Tunnel, Schrauben oder sogar Straßenlaternen, die den Bahnen den Weg weisen. Auf der Theke liegt noch ein Katalog, der die neuen Modelle anpreist. Zum Beispiel die Schweizer Gebirgslokomotive „Krokodil“. Sie erinnert an das Original, dass 1933 zum ersten Mal fuhr. „Bei Fahrten durch Weichen schlängelt sich die Maschine wie ein Reptil durch das Gelände“, wird erklärt. In tarn-grün oder braun gibt es die „Krokodil“-Bahn.

In einem Zeitschriftenregal liegen Fachmagazine zum Gotthard-Tunnel, Anleitungen, wie man die Modell-Landschaften zusammensetzt oder DVDs mit dem Titel: „Die Gala der Eisenbahnen“. Es sind vor allem ältere Kunden, denen bei solchen Filmen das Herz aufgeht.
„Die Älteren können sich noch daran erinnern, wie es riecht, wenn eine Dampflok in den Bahnhof einfuhr – die haben noch einen Bezug zu den alten Schätzen“, erklärt Rita Overmann, die dank langer Zusammenarbeit mit ihrem Mann die Bahnen nicht nur verkauft, sondern auch reparieren kann. Kinder, die sich für das Hobby interessieren, hat sie schon lange keine mehr gesehen. „Und wenn, dann muss es bei ihnen rasend-schnell gehen. Denen ist ein ICE sogar zu langsam.“ Außerdem finden es die meisten langweilig, wenn die Bahn nur im Kreis fahre. Sie wollen lieber „Action“. „Schade“ findet Rita Overmann die Entwicklung. Im Computer-Zeitalter hat es die gut alte Eisenbahn schwer. In den Regalen spiegelt sich nicht nur die Geschichte einer Freizeitbeschäftigung, auch die der Deutschen Wirtschaft. Märklin und Fleischmann standen mal für klangvolle deutsche Unternehmen – doch dahinter stecken längst globale Spielzeugkonzerne. Sammler wissen das Fachgeschäft allerdings noch immer zu schätzen.