Buchholz. .
Immer wieder dieselben Fragen: „Wie hast du dich gefühlt? Was hast du erlebt?“ Antworten gibt es keine. Jeder Versuch auszudrücken, was die Jugendlichen empfunden haben, endet in denselben Floskeln: „Es war schrecklich zu sehen – alles sehr bewegend“. In einem Gottesdienst in der Jesus-Christus-Kirche in Buchholz versuchten am vergangenen Sonntag rund 60 Schüler der Gesamtschule Süd von ihrer Studienfahrt in das Konzentrationslager Auschwitz zu berichten.
Wie schwer es fällt, die passenden Worte zu finden, zeigte sich für viele erst während des Gottesdienstes. Auf die Fragen von Pfarrer Dietrich Köhler-Miggel fanden sich nur knappe Antworten, manchmal auch nur ein Kopfnicken. Beeindruckt hat ihre Reise die Schüler stark: „Im Unterricht habe ich es mir gar nicht so furchtbar vorgestellt, es selbst zu sehen ist etwas ganz anderes“, sagt die sechzehnjährige Melina Ekat. Deshalb finden die Schüler es besonders wichtig, einen so geschichtsträchtigen Ort selbst zu besuchen.
Mit Spaten in den Händen zogen die Schüler in die Kirche ein, dabei sangen sie das „Moorsoldatenlied“. Symbolisch inszenierten sie dabei die Bedrohung, die sie selbst im Konzentrationslager empfunden hatten. Das Moorlied entstand 1933 als Protestlied einiger Häftlinge des Konzentrationslagers Börgermoor. „Im Unterricht haben die Schüler oft gefragt, ob es keinen Widerstand gegeben habe. Für sie waren Beispiele wie die weiße Rose oder solch ein Protestlied wichtig. Deshalb haben wir es an den Anfang des Gottesdienstes gestellt“, erzählt Jörn Seemann, der die Reise als Klassenlehrer begleitet hat.
Um die gut 21 000 Euro Reisekosten zu stemmen, mussten die Schüler alle Kräfte mobilisieren. Neben der Unterstützung durch den Verein „Erinnern ermöglichen“ sammelten sie selbst Spenden bei einem sogenannten Charity-Walk und bei Kuchenverläufen in den Pausen. Weitere 500 Euro kamen bei der Kollekte der Kanzelrede von NRW-Bildungsministerin Sylvia Löhrmann zusammen. Auch die Gemeinde von Pfarrer Köhler-Miggel unterstützte die Studienfahrt mit 1000 Euro Spendengeld. „Den Gottesdienst sehe ich noch mal als schönen Abschluss des gesamten Projekts“, erzählte er.
Jörn Seemann und seine Kolleginnen sind so begeistert von dem Erfolg ihres Pilotprojekts, dass sie planen eine Reise nach Auschwitz zu einer festen Institution in ihrer Schule zu machen.