Huckingen. . Gudrun Cremerius hilft ehrenamtlich im Hospiz. Dieses hat kaum Geld für festangestellte Mitarbeiter. Auf 24 Angestellte kommen 100 Ehrenamtliche.
Sie ist ein fröhlicher Mensch. Gudrun Cremerius strahlt eine ungeheure Vitalität aus, genießt das Leben, ganz besonders die Motorradtouren mit ihrem Mann. Einmal in der Woche begleitet die Huckingerin Sterbenskranke im Hospiz St. Raphael. „Warum tust du dir das an?“, fragen einige ihrer Bekannten verständnislos. „Weil ich etwas in meiner Freizeit bewegen kann. Das ist ein gutes Gefühl“, antwortet die Ehrenamtliche dann.
Ganz von ungefähr kam ihr Interesse am Hospiz nicht. Ihr ältester Sohn war an einem Gehirntumor erkrankt. „Das reißt einem natürlich den Boden unter den Füßen weg. Man kommt ins Grübeln.“
Die zweifache Mutter musste auf einmal feststellen, dass es keineswegs selbstverständlich ist, dass alles glatt läuft. „Man lebt oft so unbewusst vor sich hin und weiß das Gute gar nicht zu schätzen.“ Zum Glück ist die Operation des Sohnes gut verlaufen. Der 24-Jährige ist wieder vollständig gesund. Die Duisburgerin, die am Angerbogen wohnt, nahm sich vor, künftig bewusster zu leben und sich zu engagieren – im Hospiz.
24 Festangestellte, 100 Ehrenamtler
„Ohne dieses freiwillige Engagement geht es nicht“, sagt Sabine Beier vom Hospiz. Zwar werden 90 Prozent der Kosten von den Krankenkassen getragen. Doch die Stunden, die ein Ehrenamtlicher am Bett eines Sterbenskranken verbringt, die Gespräche und Zuwendung, zahlt keine Kasse. Zumal die mit den Krankenkassen ausgehandelten Pauschalen so gering seien, dass die Hospize einen immer größeren Teil ihrer Kosten selbst abdecken müssten, kritisiert an anderer Stelle Marion Louven von der Caritas im Ruhrbistum.
Die 24 Festangestellten des Hospizes betreuen zwölf Patienten stationär und eine weitaus größere Zahl unheilbar kranker Menschen und ihre Familienangehörigen, die noch zu Hause wohnen. Unterstützt werden sie von rund 100 Ehrenamtlichen. Etwa 40 von ihnen arbeiten patientennah, wie Sabine Beier es ausdrückt. Sie besuchen die Kranken, sprechen mit ihnen, halten die Hand. Andere Freiwillige sitzen an der Pforte im Hospiz oder kümmern sich darum, dass frische Blumen auf dem Tisch stehen.
Halbes Jahr Vorbereitungskurs
Gudrun Cremerius entschloss sich zu einem direkten Kontakt mit den Kranken. Dazu besuchte sie zusammen mit acht anderen Duisburgern ein halbes Jahr lang einen Vorbereitungskurs. „Man wird sehr sachte an das Thema Tod und Sterben herangeführt.“
Als sie dann zum ersten Mal zu einer Patienten fuhr, war sie dennoch sehr aufgeregt. Bei Maria Kranz (Name geändert) stimmte die Chemie von Anfang an. Die alte Dame, die Gudrun Cremerius anfangs zu Hause, zwischendurch im Krankenhaus und nun im Hospiz betreut, hat Vertrauen gefasst. Die Krebspatientin kann nicht mehr sprechen, deshalb schreibt sie auf, was sie bewegt. „Sie rollt quasi noch einmal ihr ganzes Leben auf“, erzählt ihre Betreuerin. Die meisten sprechen nur wenig über ihre Krankheit, eher über Lebensträume. Auch über den Wunsch, noch mal ans Meer oder an einen anderen Ort zu fahren, mit dem schöne Erinnerungen verknüpft sind, so unrealistisch das auch sein mag.
Gudrun Cremerius besucht ihre Patientin einmal in der Woche zwei Stunden. „Es ist keineswegs so, dass ich anschließend mit hängendem Kopf nach Hause gehe. Hier wird sogar viel gelacht, das hätte ich selbst nie gedacht“, versichert die Frau, die in der Firma ihres Mannes die Buchhaltung erledigt.
Die ehrenamtliche Arbeit hat ihr den Schrecken vor dem Tod genommen. „Ich habe erfahren, dass man nicht einsam sterben muss.“