Wedau. . Malteser und Feuerwehr proben einen Großeinsatz mit 80 Kräften am Masurensee.Gut 100 Statisten spielen das ideale Unglück. Nicht alles läuft nach Plan. Auch das ist ein Erfolg
Die ersten Opfer sind tot, bevor das Spektakel überhaupt begonnen hat. Erstickt, verbrannt oder zu Tode gelangweilt. So ein Statistenjob besteht vor allem aus Warten. Immer wieder gehen die Übungsleiter das Szenario durch: Beim Betanken eines Schiedsrichterbootes hat es eine Verpuffung in der Halle des Yacht-Clubs am Masurensee gegeben. Kinder sind im Rauch eingeschlossen. Jugendliche liegen blutend auf dem Boden.
Eine dreiviertel Stunde später als geplant kommt dann endlich das Signal. Noch kurz auskichern. Die Übung beginnt. Gut fünf Minuten später rollt die große Blaulicht-Kolonne heran, 16 Autos, 48 Feuerwehrleute und 30 Malteser.
Das erste Löschfahrzeug tastet sich vorsichtig auf die Wiese hinter dem Vereinsheim. Die Einsatzkräfte wussten vorher zwar, dass es sich um eine Übung handelt. Was passiert, blieb offen. Das Fahrzeug kommt nicht weiter. Zwei Opfer liegen im Weg. Überall schreien Menschen. Aus dem Obergeschoss des Gebäudes dringt Rauch. Hinter den Scheiben sind Menschen eingeschlossen. Von innen schlagen blutverschmierte Hände ans Glas.
Die Darsteller machen das so gut, dass einem bange werden kann. Die Malteser haben extra die Kollegen aus Bad Honnef anreisen lassen. Die Einheit Bloody Malti hat sich aufs Schminken von Schwerstverletzungen, Leichendarstellung, aufs Ächzen und Stöhnen spezialisiert.
Zurück zum Geschehen: Die Feuerwehrleute scheinen ein wenig überfordert zu sein mit der Lage. Zwei gehen vor. Sie sprechen die Verletzten an, die auf dem Rasen liegen. Währenddessen werden die anderen Opfer im Obergeschoss unruhig. Sie kreischen in Todesangst. Einer brüllt nach Julia, eine Frau schreit nach Martin.
Die Feuerwehrleute rollen die Schläuche aus, geben Druck auf die Leitung. Und schon schießt das Wasser wie aus einem Rasensprenger in alle Richtungen. Der Schlauch ist durchlöchert wie ein Schweizer Käse. „Was für eine Panne“, ätzen die ersten Zuschauer. „Das passiert auch bei normalen Einsätzen“, sagt Feuerwehr-Abteilungsleiter Martin Spehr hinterher. Trotz der Löcher fließe aber noch genügend Wasser bis zur Spritze.
Es dauert eine halbe Ewigkeit, bis endlich jemand die Tür zum Gebäude öffnet. Bumm! Die Gasflaschen explodieren. Die Feuerwehrleute tapern etwas unbeholfen durch die Gegend, vergessen die Gasflaschen zu kühlen. Ein Mann brüllt: „Könnt ihr nicht mehr Leute schicken?“ Es könnten wirklich ein paar mehr sein. „Im Einsatz wären mehr Kräfte vorhanden“, sagt Übungsleiter Marcel Heß später. Es sei aber richtig, dass die Kräfte etwas zu zaghaft vorgegangen seien.
Ein Leichtverletzter dreht durch, stürmt aufs Wasser zu. Feuerwehrleute drücken ihn zu Boden, beruhigen ihn. Feuerwehrmann: „Wie geht’s dir so?“ Opfer: „Ich hab’ Angst.“ Feuerwehrmann: „Kein Wunder bei der Riesenscheiße, die dir passiert ist.“
Nach und nach tragen die Retter, Opfer nach draußen. Sie sortieren nach Grad der Verletzungen. Jeder Verletzte bekommt eine Karte um den Hals. Die Schwerverletzten kommen ins Zelt. Notärzte legen Zugänge, versuchen zu reanimieren. Ein Mann stirbt. Tuch drüber! Jene, die noch zu retten sind, haben Priorität. Ein Helfer ist voll drin im ernsten Spiel. Er ruft: „Wir brauchen Hubschrauber.“ Sein Kollege stupst ihn an: „Ist doch nur ‘ne Übung.“