Huckingen. .

„Lass’ mich langsamer gehen, Gott. Entlaste das eilige Schlagen meines Herzens durch das Stillwerden meiner Seele“, heißt es in einem geistlichen Gedicht aus Südafrika. Ein wenig Ruhe in den hektischen Alltag bringen - der Kurs „Die Bibel getanzt“, den Schwester Bernadette Maria regelmäßig im Malteserstift St. Hed­wig anbietet, verfolgt dieses Ziel. Heute ist die Presse eingeladen, einmal mitzumachen - und sich in besinnlicher Atmosphäre entspannt mit einer Textstelle aus der Schrift zu beschäftigen:

Mein Vormittag war gespickt mit Terminen, kurz vor drei haste ich also zum Malteserstift. In der vierten Etage haben sich schon einige Frauen eingefunden, in der Mitte des Kursraumes steht eine Kerze auf dem Boden und flackert beruhigend, daneben liegt eine aufgeschlagene Bibel. Schwester Bernadette Maria, Seelsorgerin im Stift, liest zur Einstimmung ein lyrisches Bittgesuch mit dem Titel „Verweilen“ vor (siehe oben). Eine Zeile bleibt mir direkt im Kopf haften: „Lehre mich die Kunst des freien Augenblicks“, lautet sie. Einfach mal nichts tun, um wieder Kraft zu sammeln, das können heute viele Menschen nicht mehr, denke ich, und beziehe mich selbst dabei mit ein.

Dann wird getanzt. Griechische Volksmusik erklingt, wir reichen uns die Hände und bewegen uns im Kreis. „Wurzeltanz“ nennt sich der Reigen, die Schritte sind nicht besonders schwierig und auch für Anfänger zu bewältigen. Immer wieder werden sie wiederholt. Das bewusste Ausführen der Bewegungen bündelt meine Konzentration, der immer gleiche Rhythmus vertreibt lästige Gedanken. Nach einigen Minuten bemerke ich: Irgendwie fühle ich mich ruhiger.

Sanft - so lässt sich die Stimmung hier am besten beschreiben. „Wir führen einen weiteren Tanz aus - den „Sonnentanz“ zu Barockmusik. „Mit jeder Bewegung könnt ihr Gefühle freigeben“, sagt Schwester Bernadette Maria, die bei den Dominikanerinnen in Speyer gerade eine Fortbildung zum Thema „Bibel und Tanz“ absolviert hat. Seit dem vergangenen August gibt sie den Kurs hier in Huckingen (an jedem zweiten Donnerstag im Monat). 14 Teilnehmerinnen (bisher nur Frauen) sind angemeldet, er richtet sich an Mitarbeiter der Malteser-Einrichtungen und an Interessierte. Nach den Sommerferien können weitere Interessenten einsteigen. Sie sollten - so meine Erfahrung - eine gewisse Religiosität mitbringen und die Bereitschaft, sich anderen gegenüber etwas zu öffnen.

Wir halten inne. Schwester Bernadette Maria liest eine Bibelstelle aus dem alten Testament vor: Genesis 1, 26 a. Wie Gott die Erde erschuf. Wir setzen die Geschichte in Tanzschritte um - zu einem israelischen Lied. Jede von uns ist in sich gekehrt, zeitweise wird ein Lächeln hin und her geschickt. Danach schauen wir uns ein Foto an. Das Motiv: Gott schickt dem Menschen einen Brief. „Was sollte er Dir schreiben?“, fragt uns Schwester Bernadette Maria, wir sind eingeladen, uns einige Minuten Zeit zu nehmen und aufzuschreiben, was wir persönlich von Gott gerne hören würden. „Wer mag, kann es hinterher laut vorlesen, muss es aber nicht“, so die Kursleiterin.

Zum Abschluss tanzen wir noch einmal. Es ist weiterer „freier Augenblick“, bevor alle wieder ausschwärmen in den Alltag - und es dort vielleicht ein wenig langsamer angehen lassen.