Buchholz. .

Vor allem in Miethäusern mit Flachdächern aus der Zeit um 1970 mehren sich Feuchtigkeitsprobleme und, in der Folge, Schimmel. Angelika Lorberg (54) nahm vor Jahren den Kampf dagegen mutig auf. Es war hauptsächlich ein Kampf gegen ihren Vermieter, die LEG. Sie war auch selbst dabei, als ihr Mietstreit mit der LEG Anfang Dezember 2008 vor Gericht mit ei­nem Vergleich endete. Was sie damals als „zufriedenstellend“ bezeichnete, sieht sie heute als Niederlage an.

25 Jahre lang bewohnte sie eine Wohnung im Hause Stern­eck­straße 30, ursprünglich eine Werkswohnung der Kupferhütte. Die letzten fünf Jahre, bis zu ihrem Auszug im Frühjahr 2009, war die Wohnung von Schimmel befallen. Lorberg zog alle Register, um sich zu wehren, ließ sich von zwei Mietervereinen beraten, suchte die Öffentlichkeit, schaltete die Stadtverwaltung ein, hatte schließlich zwei Rechtsanwälte im Einsatz - und dennoch ging sie damals nur mit einem Unentschieden vom Platz.

Schon Ende der 80er Jahre war das Hochhaus an die LEG übergegangen, damals noch als landeseigenes Unternehmen, das inzwischen privatisiert ist. 2004 entdeckte sie dann in einer Ecke des Schlafzimmers Schimmel und meldete das. Die LEG ließ die Ecke neu verputzen.

2005 trat Schimmel in der Küche auf. Auch die ließ die LEG renovieren. „Ursache war das defekte Vordach der Haustüre“, sagt die Schuhverkäuferin. Kurz danach waren weite Teile der Wohnung befallen. Lorberg entdeckte ihn auf Schuhen, im Besteckschrank, am Bett und auf Koffern. Daraufhin wurde auch der Rest der Wohnung renoviert - wieder auf Kosten der LEG. „Das dauernde Ein- und Ausräumen war eine ziemliche Belastung“, erinnert sie sich. Aber die LEG lehnte es ab, eine Entschädigung dafür zu zahlen. Sie war nur bereit, die Schäden an den Möbeln mit 1500 € auszugleichen.

Als im Sommer 2006 erneut Schimmel auftrat, wurden die Messungen der Luftfeuchtigkeit in ihrer Wohnung fortgesetzt, die aber unbefriedigend verliefen. Eine Langzeitmessung über drei bis vier Wochen im Dezember konnte, sagt sie, wegen technischer Probleme nicht verwertet werden. Lorberg selbst beauftragte einen Sachverständigen, ihr Heizungs- und Lüftungsverhalten zu bewerten. Ergebnis: „richtiges Nutzerverhalten“. Eine weitere Langzeitmessung führte ein Gutachter für die LEG im März/April 2007 durch, 19 Monate nach der letzten Renovierung. Die LEG bestand auf einer weiteren Messung, die dann zum Jahreswechsel 2007/­08 stattfand. Zwischenzeitlich schimmelte es weiter, nur wurde nicht mehr renoviert.

Das Gericht, sagt Lorberg, sei in ihrem Fall nicht unvoreingenommen gewesen, so etwa mit dem Vorschlag, sie solle ihre Möbel besser schützen. „Dann hätte ich sie auslagern müssen.“ Dann habe es eine genaue Aufstellung verlangt, welche Gegenstände wann verschimmelt seien. Lorberg hatte aber nur Fotos davon gemacht.

Von den Mieterschutz-Organisationen ist Angelika Lorberg enttäuscht. Erst war sie beim Mieterbund Niederrhein an der Universitätsstraße, zuletzt dann beim Mieterbund Rhein-Ruhr an der Poststraße. Von beiden fühlte sie sich nicht konsequent vertreten.

Dem Mieterbund Niederrhein lastet sie an, nicht sofort erkannt zu haben, was sie bis heute für ihren mangelnden Erfolg für maßgeblich hält: dass nämlich die ersten Messwerte vom Sommer 2005 (bei hoher Luftfeuchtigkeit) einfach auf die Heizperiode im Winter übertragen worden seien. Erst damit, sagt sie, habe sich die Unterstellung in den Akten einnisten können, sie selbst habe zu wenig geheizt und gelüftet. Mieterbund-Geschäftsführer Peter Heß teilte ihr denn auch im Juli 2006 mit, dass man über Bausachverständige nicht verfüge.

Lorberg ging eigene Wege und behielt ab Anfang 2008 für ein Jahr die Miete komplett ein. Darauf kündigte ihr die LEG im März fristlos. Von da an hatte sie zwei Anwälte. Vom Oberhausener Stefan Salecker ließ sie sich in der Kündigungssache vertreten. Zuvor schon hatte sie die LEG durch einen Duisburger Anwalt auf Ersatz der Schimmelschäden verklagt.

Seltsam mutet ihr die Ar­beits­weise vom Mieterbund Rhein-Ruhr in Oberhausen an. Saleckers Kanzlei residiere im gleichen Gebäude wie der Verein, dessen Dritter Vorsitzender er damals war. Außerdem weiß sie bis heute nichts davon, Salecker je eine Anwalts-Prozessvollmacht erteilt zu haben, ging vielmehr davon aus, er würde über den Mieterbund tätig. Die Satzung des Vereins lässt das zu. Sie beklagt eine undurchsichtige Ver­­mengung von Anwalts- und Vereinstätigkeit.

Dazu erklärte Salecker auf Nachfrage, es sei gar nicht mehr üblich, Anwalts-Vollmachten vorzulegen. Lorberg selbst habe in ei­nem Schreiben an das Amtsgericht erklärt, durch ihn vertreten zu werden. „Das gilt als wirksame Bestellung eines Bevollmächtigten“, sagt er und verteidigt die Praxis, zugleich (vorgerichtlich) Rechtsberater für den Mieterbund und als Anwalt für seine Mitglieder auch vor Gericht tätig zu werden. Das biete den Mietern Kontinuität.

Dem Anwalt der LEG gelang es, einen rein theoretischen Aspekt als tatsächliches Fehlverhalten der Mieterin darzustellen: das Wäschetrocknen in der Wohnung, das Lorberg bis heute von sich weist.

Aber trotz eines endlosen Schriftwechsels seien eben bei Gericht Behauptungen wie das Wäschetrocknen hängengeblieben, anstatt sie auszuräumen. Die Miete musste Lorberg zum Teil nachzahlen. Und an Schadensersatz erhielt sie im Gegenzug von der LEG 1500 €.

Lorberg gibt Beispiele für das Vorgehen des LEG-Anwalts: Ursprünglich, im Februar 2006, hatte die LEG ganz wertneutral geschrieben, „zusätzliches Trock­­nen von Wäsche innerhalb der Wohnung verstärkt diesen Prozess“ der Schimmelbildung. Der Anwalt machte da­raus im August 2008: „Diese (Mess-)Werte werden durch das Trocknen der Wäsche in der Wohnung noch verstärkt.“ Später sei noch ergänzt worden, „wie vom Hauswart festgestellt.“ Als Zeuge sei der Mann aber nie gehört worden.

Dass die Sachverständigen später kein falsches Heizungs- und Lüftungsverhalten mehr festgestellt hät­ten, liege eben, so der LEG-Anwalt, daran, dass Lorberg ihr Verhalten geändert habe. Das sei dann mit ihren hohen Heizkosten ab 2006 belegt worden, was Lorberg wiederum nur noch über ihren Oberhausener Anwalt widerlegen ließ, nicht aber über den Duisburger, der nachher den Vergleich aushandelte. So ging das Argument unter, dass sich angesichts ihrer überdurchschnittlich ho­hen Heizkosten vor 2004 dann ja gar kein Schimmel hätte bilden dürfen. Wenn sie den Schimmel allein verursacht hätte, fragt sie heute, wieso hat die LEG dann gleich viermal in zwei Jahren tapezieren lassen?

Schon früh lieferten Sachverständige Hinweise, dass bauliche Zustände für hohe Luftfeuchtigkeit in der Wohnung Ursache sein könnten. Im Dezember 2006 riet ein Sachverständiger zu Taupunktberechnungen auf den Außenwänden. Im Kinderzimmer sei die Außenwand „extrem kalt“.

Auch das Sozialamt hatte ihr im Dezember 2007 geschrieben, „das vorhandene Schadensbild ist vermutlich auf ungedämmte Außenwände, (eine) nicht ausreichend isolierte Kellerdecke, Zimmer mit drei Außenwänden zurückzuführen.“ Die beteiligten Sach­verständigen hatten die Bausub­stanz aber nie geprüft, sondern das nur angeregt.

Statt aber genau darauf zu bestehen, habe ihr Duisburger Anwalt, kritisiert die Mieterin, früh die Bereitschaft zum Vergleich signalisiert.