Duisburg-Rahm. .

Es ist ein riesiges umzäuntes Privatgelände mit 150 000 Quadratmetern im Großenbaumer Wald, das große Eingangstor bleibt für Außenstehende zumeist verschlossen. Da fragen sich Viele, was hier bei den Naturisten vom Lichtbund Niederrhein (LBN) vor sich geht. „Die Leute haben seltsame Vorstellungen“, sagt ein Mitglied. „Viele glauben, dass wir an der Tür die Klamotten ablegen müssen wie früher in der Zeche.“

Tatsächlich läuft hier niemand im Adamskostüm herum, dafür sind selbst für hartgesottene Nudisten die Duisburger Mai-Temperaturen zu niedrig. Auch entsteht nicht der Eindruck, dass sich der Verein anderen gegenüber um jeden Preis abschottet – es gibt Tageskarten für Gäste und auf dem Gelände werden auch Fremde wie selbstverständlich freundlich begrüßt.

„Wir sind keine Sonderlinge, wir haben nur eine andere Lebensweise. Uns ist jeder willkommen, der das akzeptiert“, sagt Sportwart Dieter Pelzer, der wie alle anderen Vereinskollegen einen Jogginganzug trägt. „Es geht uns nicht hauptsächlich um Nacktheit, sondern darum, unsere Freiheit auszuleben.“ Sich so zu zeigen, wie Gott einen schuf, habe einen anderen Stellenwert bei Naturisten, mit Ero­tik und Sexualität habe es nichts zu tun, vielmehr mit Toleranz. „Wir wissen, dass eine 20-Jährige anders aussieht als eine 80-Jährige. Bei uns werden aber alle so angenommen, wie sie sind, ob jung, alt oder behindert. Wir sind wie eine große Familie.“ Dass sie ihre Freiheit mit teils strengen Regeln erkaufen – so ist etwa die Kleiderordnung und das gegenseitige Duzen in der Satzung festgeschrieben –, erscheint den Vereinsmitgliedern nicht paradox.

Ihre Lebensart, ob reglementiert oder nicht, stoße in der Bevölkerung allerdings größtenteils auf Ablehnung und bestenfalls auf Desinteresse. Dennoch sei die Bewegung noch immer ein Erfolgsmodell. Rund 1200 Mitglieder gehören dem LBN an und in dieser Woche feiert der Naturisten-Familien-Sportverein am Druchter Weg sein 75-jähriges Bestehen mit einem bunten Programm, darunter diverse Turniere im Boule, Laufen und Tennis, eine Sportler-Gala und ein offizieller Festakt mit anschließender Feier im großen Partyzelt, in dem rund 400 Personen auf den Putz hauen können.

Das Vereinsgelände selbst bietet etliche Möglichkeiten zu sportlichen Betätigungen (16 Sportabteilungen hat der Verein) und zur Entspannung, vom Kinderspielplatz über Tennis Courts, Volleyballfelder, Tartanbahnen bis hin zu Saunen und einem Badeteich mit kleinem Sandstrand. Hier kann jeder, der möchte, das deutsche Sportabzeichen ablegen. Auch Wohnwagen können, zum Beispiel für Kurzurlaube, abgestellt werden – Parzellen oder „spießige Gartenzwerge“ fehlen allerdings. Gesundes Leben und Naturschutz vernachlässigt der Lichtbund außerdem nicht, eine Photovoltaikanlage wird bald offiziell eingeweiht, um grünen Strom zu erzeugen und das Rauchverbot ist gut für die eigene Lunge. Zudem schützt der Verzicht auf Glimmstängel das Naturschutzgebiet, in dem das LBN-Areal liegt.

„Wir sind ein Familienparadies. Bei schönem Wetter erwarten wir aber, dass man nackt ist“, sagt Pelzer. Normale Straßenkleidung, Bikinis oder Tangas gebe es beim LBN nicht, lediglich Sportkleidung. „Bei Jugendlichen drücken wir aber beide Augen zu.“ Diese hätten gerade in der Pubertät große Hemmschwellen und blieben dem Verein fern. Sie kämen aber als Eltern mit ihren Kindern oft zurück.

Für die 13-jährige Lena ist die Nacktheit bei den Naturisten hingegen kein Problem. „Ich bin da hineingeboren und kenne es nicht anders. Außerdem finde ich es gut, dass ich beim Schwimmen keinen lästigen, eklig nassen Badeanzug tragen muss.“ Mit ihren Eltern ist sie extra aus dem Rheinland angereist, um an einem Jubiläumswaldlauf über 5000 Meter teilzunehmen.

Noch bis zum kommenden Sonntag gehen die Jubiläumsfeierlichkeiten beim Lichtbund weiter.