Großenbaum.

Wracks, die unentdeckt in den Untiefen der Ozeane ruhen - das kennt man eigentlich nur aus Abenteuerfilmen. Es gibt aber eine Wissenschaft, die sich ernsthaft mit Funden in Meeren, Seen und Flüssen beschäftigt: die Unterwasserarchäologie. Auf der Homepage des DUC Großenbaum kann man einiges über die spannende Disziplin erfahren und sich - sofern man Sporttaucher ist - auch für Kurse wie etwa „Denkmalgerechtes Tauchen“ anmelden.

Thomas Kremers ist Kursleiter, er interessiert sich brennend für die Unterwasserarchäologie. Der 57-jährige Lehrer aus Duisburg taucht seit 15 Jahren, bei der Deutschen Gesellschaft zur Förderung der Unterwasserarchäologie hat er mehrere Seminare zum Thema absolviert. „Gleichzeitig habe ich an der Uni Bochum sechs Semester lang Klassische Archäologie studiert. Denn die Dokumentationsmethoden, die bei Landgrabungen angewendet werden, gelten im Prinzip auch für die Unterwasserarchäologie“, erklärt er.

Was Kremers als Hobby betreibt, ist in anderen Ländern - wie beispielsweise England - ein Teil der Forschung. Unzählige untergegangene Schiffe liegen - so vermuten die Experten - auf dem Grund von Meeren, Seen und Flüssen. Zumindest einige von ihnen auszugraben und eventuell zu bergen, ist das Ziel.

Denn aus den Funden lassen sich viele Rückschlüsse auf historische Ereignisse, auf Lebensweisen früherer Zeiten ziehen. An Überbleibseln aus dem Wrack wie etwa der Fracht oder den persönlichen Sachen der Seeleute lassen sich unterschiedlichste Informationen ablesen. „Inhalte von Amphoren können Hinweise auf frühere Handelswege geben“, gibt Kremers ein Beispiel.

Interessant für die Archäologen sind Wracks, die auf dem Gewässerboden durch Schlamm und Sand zugedeckt und so geschützt wurden. „Da sind die Chancen größer, dass sich etwas erhalten hat und dass man etwas findet“, so Thomas Kremers.

Bei den Ausgrabungen unter Wasser ist eine akribische Dokumentation gefordert. Das Wrack werde nach einem bestimmten Plan freigelegt. Es wird vermessen, Zeichnungen, Fotografien und Videoaufnahmen werden angefertigt. Mit Hilfe von Hightech-Geräten (z.B. dem Ultraschall) wird ein Computerbild des Fundes angefertigt. Anhand des Bildes entscheiden die Fachleute, ob sich eine Ausgrabung des Schiffes überhaupt lohnt. Alle Forschungstaucher sind natürlich speziell geschult. Denn: Sie müssen unter anderen ganz ruhig atmen, wenn sie zeichnen oder fotogrfieren, damit sie im Wasser nicht absinken oder aufsteigen.

Für den normalen Taucher ist ein Ausgrabungsobjekt tabu. „Runtertauchen und einfach etwas mitnehmen, ist strafbar“, so Kremers. Auch dürfe man nicht einfach anfangen „zu buddeln“. Eine Meldung an das Landesdenkmalamt und eine genaue Fundbeschreibung sind Pflicht. Ein Dorn im Auge der Wissenschaftler sind die Schatztaucher, die von kommerziellen Firmen gezielt losgeschickt werden, um Gold, Silber, usw. zu suchen und zu bergen - und um daran zu verdienen. Sie zerstören dabei unwiderruflich wertvolle historische Informationen.

Wie werden Wracks denn überhaupt entdeckt? „Das ist meist Zufall. Fischer berichten, dass ihre Netze an bestimmten Stellen hängengeblieben sind oder sie holen mit ihren Netzen Amphoren oder Statuen mit hoch“, gibt Thomas Kremers zwei Beispiele. Auch alte Chroniken mit Berichten von Gerichtsverhandlungen und Versicherungsgesellschaften zu Schiffsuntergängen können Hinweise geben. Oder mit Hilfe von Hightech-Geräten wie dem Side-Scan-Sonar wird der Meeresboden mit Schallwellen untersucht und ein Computerbild des Fundes angefertigt. Anhand des Bildes entscheiden die Fachleute, ob sich eine Ausgrabung lohnt.

In Deutschland hat man unter anderem römische Schiffe und Schiffsteile im Rhein oder sogar in der Xantener Südsee entdeckt. Thomas Kremers war noch an keiner Ausgrabung beteiligt, er hat aber 2002 an der Vermessung der Anfang des 20. Jahrhunderts untergegangenen „Ella“ vor Zingst/Darß in der Ostsee mitgewirkt. Kremers früherer Kursleiter-Kollege Dr. Marcus Heinrich Hermanns, der nun als Archäologe an der Uni Madrid arbeitet, könnte dem Hobby-Archäologen vielleicht einen Traum erfüllen. Der lautet nämlich: „Toll wäre es, im Mittelmeer an den Grabungen eines phönizischen Schiffes beteiligt zu sein.“