Huckingen. .

Intensiver kann Ausbildung kaum sein. Nur 30 Studierende gibt es an der Schule für Logopädie am Malteser-Krankenhaus St. Anna - zehn pro Jahrgang. Traumhafte Bedingungen fürs Lernen. Gerade haben neun junge Frauen und ein junger Mann ihre Ausbildungszeit begonnen. Sie setzten sich gegen ei­ne Vielzahl von Mitbewerbern durch.

Die Logopädie - also die gezielte Untersuchung und Behandlung von Menschen mit Sprach-, Sprech-, Stimm- und Schluckstörungen - hat in den letzten Jahrzehnten weiter an Bedeutung gewonnen. „Das liegt u.a. daran, dass es immer mehr ältere Menschen gibt, die durch Erkrankungen wie Schlaganfall oder Parkinson in der Kommunikationsfähigkeit eingeschränkt sind. Logopädische Behandlung wird aber auch im Frühstadium der Demenz eingesetzt“, sagt Karin Jochimsen, pädagogische Leiterin der 1996/97 gegründeten Berufsfachschule.

Wesentlich größer sei zudem der Bedarf an logopädischer Hilfe bei Kindern geworden. Seit flächendeckend Sprachstandserhebungen in Kindergärten durchgeführt werden, „entdeckt“ man mehr sprach- und sprechgestörte Mädchen und Jungen als früher. Und: Viele Kinder mit Mi­grationshintergrund, weisen „sprachliche Lücken“ auf.

Logopäden sind also gefragt - in Krankenhäusern, Fach- und Reha-Kliniken ebenso wie in pädagogischen Einrichtungen, Gesundheitsämtern oder ärztlichen und logopädischen Praxen. Die dreijährige Ausbildung ist breit gefächert und eine ausgeklügelte Kombination aus Theorie und Praxis. „Unser Vorteil ist, dass wir hier am Malteser-Krankenhaus angesiedelt sind. Wir kooperieren mit der HNO-Station, der Phoniatrie, dem Sozialpädia­trischen Zentrum. Unsere Studierenden hospitieren auf verschiedenen Stationen - z.B. auf der Säuglingsstation oder bei speziellen Diagnostikverfahren in Neurologie und Radiologie. Sie nehmen an der Tumorsprechstunde und der Demenzgruppe teil. Zusätzlich zu den fünf Lehrlogopäden sind bei uns 30 Dozenten immer mal wieder im Einsatz - meist erfahrene Ärzte aus der Klinik“, so Jochimsen.

Was auf dem Lehrplan steht? „Ein Hauptgebiet sind Sprachentwicklungsstörungen bei Kindern“, berichtet die Schulleiterin. Weitere Themenschwerpunkte: Neurogene Kommunikationsstörungen - etwa eine Aphasie (Verlust des Sprechvermögens durch Schlaganfall oder Schädel-Hirnverletzung) - oder Redeunflüssigkeiten (z.B. Stottern) und Störungen der Sprech-/Singstimme. Außerdem geht es im Unterricht um Myofunktionelle Störungen (etwa Schluckstörungen) oder Sprech- und Stimmverlust nach operativer Entfernung des Kehlkopfes. Vermitteln wollen die Lehrer ihren Schülern auch, wie eine Therapie angebahnt wird und dass die Familie des Patienten mit einbezogen werden sollte.

1740 Stunden Theorie und 2100 Stunden Praxis umfasst die Logopäden-Ausbildung, an die ein Bachelor-Studium an einer Uni angehängt werden kann (die Schulzeit wird als Grundstudium angerechnet). Für die direkte Arbeit mit Patienten plant jede Schülerin/jeder Schüler 180 Stunden ein. „Wir sind gut versorgt mit ambulanten Patienten aus dem Krankenhaus. Eine Scheu, zu uns zu kommen, gibt es nicht. Gerade bei der Behandlung von Kindern sind wir begehrt“, sagt Karin Jo­chimsen.

Was vielleicht auch daran liegt, dass jede Untersuchung/Therapie mit Lehrlogopäden vorbesprochen und vom Studierenden schriftlich vorbereitet wird. Zudem werde die Behandlung mit Videokamera aufgezeichnet und in der Supervision ausgewertet.

Das pädagogische Konzept der Schule, die bis 2009 Modellschule des Landes war und an der Qualitätsentwicklung der Ausbildung mitstrickte, setzt auf Eigenständigkeit beim Lernen, Kleingruppenarbeit und handlungsorientiertes Denken. Bei drei externen Praktika (Kindergarten, Neurologische Klinik, logopädische Praxis) lernen die jungen Leute verschiedene Einsatzorte kennen. Projekttage - etwa im Hospiz - sollen ihnen verdeutlichen, dass Logopädie nicht immer einfach ist. „Man kann es mit schweren Erkrankungen, komplizierten Kindern, sozial schwierigen Familien zu tun bekommen“, gibt Karin Jochimsen Beispiele.

Eine Stelle finden Logopäden bislang immer und das wird laut Jochimsen wohl auch so bleiben: „Der Bedarf an ausgebildeten Kräften in den Heilberufen wird weiter steigen.“