Huckingen. .

„Geb’se dem Mann am Klavier noch ein Bier.“ So lautete der Titel seines großen Hits aus den 50er Jahren, der Paul Kuhn berühmt machte. Doch dies ist sehr lange her und unterschlägt auf jeden Fall seine nicht unbedeutende Lebensleistung als Jazzmusiker. Der immer noch muntere Bandleader, Pianist und Plauderer war jetzt mit seinem Trio und Sängerin Gaby Goldberg im Steinhof zu Gast.

Die Zeit ist sicherlich nicht spurlos an „Paulchen“ Kuhn vorübergegangen, der immer wieder mal mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen hatte. Doch die Falten des 83-jährigen Vollblut-Entertainers verraten, dass er in seinem langen Leben stets unter Volldampf unterwegs war und auch die eine oder andere Krise zu meistern hatte.

Hier im Steinhof hatte der technisch immer noch beschlagene Pianist, der George Shearing und Hank Jones seine Vorbilder nennt, mit dem famosen Bassisten Charles Todd und dem grandiosen Schlagzeuger Willy Ketzer zwei glänzende Musiker an seiner Seite. So gehört Willy Ketzer, längst Vorbild für viele junge Kollegen, zu den führenden Bigband- und Gala-Show-Drummern Europas, der auch schon mit Liza Minelli tourte und derzeit auf Deutschlands Bühnen zu den schrägen Witzen von Helge Schneider trommelt.

Filigranes Jazz-Piano

Paul Kuhn und seine Freunde boten dann klassischen Trio-Jazz mit Standards des American Songbook. Der stets gut gelaunte Paul Kuhn kann immer noch ein filigranes, makelloses Jazz-Piano spielen, verfügt über ein enormes Timing und als Routinier am Flügel über uneingeschränkte melodische Sicherheit. Dabei folgt ihm seine hochkarätige Rhythmusgruppe, die ihr Können absolut in den Dienst des Trios stellt.

Wenn der Mann am Klavier den schmachtenden Gassenhauer „There will never be another…“ ins Mikro haucht, dann muss er schon ein wenig kämpfen, doch ein Opernsänger war er halt nie. Und im Bar-Jazz gelten eben andere Gesetze als im Philharmonischen Saal.

Wie Paul Kuhn sagt, wolle er beweisen, dass Jazz nicht unbedingt immer „schneller, höher, lauter“ heißt und zaubert dann mit feinem Tastenspiel sehr charmant und von Willy Ketzer leise raschelnd mit den Besen begleitet den Klassiker „Dinah“ aus dem alten musikalischen Reisekoffer.

Mit „The girl next door“ hat er aus einem langsamen Walzer eine spritzige lateinamerikanische Melodie gemacht, die sofort in die Beine geht. Es folgen „London by Night“, dann eine Bebop-Hommage an Charlie Parker und schließlich eine sehr persönliche In­terpretation des unsterblichen Liebesliedes „I remember April“, dessen verhangene Melodie danach wie ein feiner Zauber im Raum stand.

Paul Kuhn widmet dann noch ein rhythmisch sehr starkes Stück seinem alten Freund, dem verstorbenen Saxophonisten Johnny Griffin, und Willy Ketzer zeigt seine ganze große Kunst am Schlagzeug in einem mächtig groo­venden „Puttin’ on the Ritz“. Wie Johnny Griffin einst bei einer überraschenden Begegnung in London gesagt habe, könne man „so ein Gesicht“ wie das von Paul Kuhn niemals vergessen.

Blasse Sängerin

Dazu stieß dann noch Sängerin Gaby Goldberg, die un­ter anderem einen schön swingenden Bossa präsentierte, aber im Zusammenspiel mit den drei alten Profis sonst auch ein bisschen blass blieb. Das begeisterte Publikum verabschiedete einen großen Band­leader und seine alten Freunde mit viel Beifall.