Wedau/Bissingheim.

Als die Bahn noch Behörde war, waren ihre Bediensteten rund um die Uhr versorgt, zum Beispiel auf Wunsch auch mit einem Kleingarten. Vor 75 Jahren aber ging die Verwaltung ihrer Kleingärten in beiden Ortsteilen auf den Verein Bahn-Landwirtschaft und seinen Unterbezirk Wedau/Bissingheim über.

Und dieses Jubiläum wurde jetzt mit einem besonders schönen Sommerfest begangen.

Für Eisenbahner galt früher: Sie verdienten mäßig, waren aber im Alter gut abgesichert, jedenfalls wenn sie Beamte waren. Sie bekamen Dienstwohnungen. Und wenn sie sich ihre Nahrungsmittel zum Teil selbst anbauen wollten, konnten sie einen Kleingarten pachten.

Die Selbstversorgung war umso dringlicher, als in Deutschland nach dem Ersten Weltkrieg Hunger herrschte. Natürlich dienten die Kleingärten auch der Erholung, denn die meisten Eisenbahner waren im anstrengenden Wechseldienst tätig.

Bis Ende 1935 verwaltete die Deutsche Reichsbahn-Gesellschaft die Kleingärten selbst, dann wurde die Dachorganisation Reichsbahn-Kleinlandwirtschaft gegründet. Der älteste Pachtvertrag damit stammt vom 1. Januar 1936.

„Die selbstgemachte Marmelade, ein netter Plausch am Gartentor, den Honig vom Nachbarn, gemeinsame Feste im Gemeinschaftshaus, die Ernte nach getaner Arbeit, das Bierchen vor der Laube“, so beschreibt Botho Hagedorn, seit 2003 Vorsitzender der Kleingärtner, die Freuden der Gartenliebhaber.

Wachsender Wohlstand ging auch an den Eisenbahnern nicht vorbei. Schon im Gründungsjahr 1936 herrschte kein Hunger mehr. Hatten anfangs primitive Unterstände nur Schutz vor Regen geboten, entstanden bald die ersten Gartenlauben, bessere Bretterverschläge zunächst, aber schon mit der Möglichkeiten, Gerätschaften vor Diebstahl zu sichern und vielleicht auch auf einer Bank ruhen zu können.

In den 1960er Jahren wichen diese Holzlauben mehr und mehr Steinlauben. Freizeit, Erholung und Geselligkeit bestimmten das Vereinsleben immer mehr. Vereinshäuser entstanden in Wedau und Bissingheim. „Ohne die Selbstverpflichtung des Vereins in Form von Spenden und Eigenarbeit der Vereinsmitglieder wären diese Herausforderungen nicht zu stemmen gewesen“, schreibt Vereinsmitglied Richard Blömer.

Wie Vorsitzender Botho Hagedorn berichtet, muss man immer noch etwa ein Jahr warten, ehe man den Zuschlag zu einem Kleingarten bekommt. Allerdings schwebt seit Jahren die Ungewissheit über dem Verein, eines Tages an der Masurenallee in Wedau einem Neubaugebiet weichen zu müssen.