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Die kleine Kirche an der Osteroder Straße in Ungelsheim ist derzeit ungenutzt. Im Februar fand hier der letzte Gottesdienst der Neuapostolischen Gemeinde statt. Weil sie zu klein geworden war, musste sie aufgelöst werden.

Die Ungelsheimer Glaubensgeschwister suchen nun eine der drei anderen Neuapostolischen Kirchen im Duisburger Süden auf - in Buchholz, Wanheim oder Mündelheim.

Was viele gar nicht wissen: Die Neuapostolische Kirche ist die viertgrößte christliche Glaubesgemeinschaft in Deutschland. Sie zählt bundesweit mehr als 360 000 Mitglieder, in ganz Duisburg sind es rund 3000. Etwa 150 Glaubensschwestern und -brüder sind der Wanheimer Gemeinde angeschlossen, cirka 100 gibt es in Mündelheim, und die Zahl der Buchholzer Neu-apostolen ist nach der Schließung in Ungelsheim wohl auf rund 250 angestiegen.

Dennoch gilt - wie in anderen christlichen Kirchen auch: „Wir sind überaltert, haben zu wenige junge und zu wenige aktive Mitglieder. Viele sind über 60 Jahre alt. Grund für den Mitgliederschwund sind aber nicht etwa Austritte. Die demografische Entwicklung macht sich bemerkbar. Junge Familien ziehen weg an den Niederrhein, außerdem werden einfach zu wenig Kinder geboren“, erklärt Dr. Udo Paul, Sprecher der Neuapostolischen Kirche in Duisburg.

Dabei tut man einiges, um den Nachwuchs in den Glauben einzuführen. „Es gibt die Sonntagsschule für die Kleineren, den Religions- und den Konfirmandenunterricht für die Jugendlichen. Außerdem werden in den Gemeinden oder gemeindeübergreifend Jugendfreizeittreffs angeboten“, berichtet Dr. Udo Paul.

Das menschliche Miteinander spiele eine wichtige Rolle bei den neuapostolischen Christen, für Erwachsenen organisiert man daher unter anderem Gemeindefeste, Themenabende, Ausflüge, Seniorentreffen und Seniorenfahrten. In fast jeder Gemeinde existiert auch einen Chor.

Worauf der Glaube selbst basiert? Udo Paul fasst das so zusammen: „Grundlage ist die Lutherbibel in der überarbeiteten Auflage von 1984 und der Glaube an den dreieinigen Gott. Wir glauben an die Wiederkunft Jesu Christi und an das ewige Leben - und wir bereiten uns durch ein Leben, das auf das Evangelium ausgerichtet ist, darauf vor.“

Die Neuapostolische Kirche sei zu Beginn des 19. Jahrhunderts im Zuge der Erweckungsbewegungen in England bzw. Schottland entstanden. „Man wollte sich wieder mehr auf christliche Werte - wie das Leben in Erwartung Christi - besinnen, hatte den Eindruck, dass die großen Kirchen sich zu viel um politische Belange statt um Glaubensfragen kümmerten“, so Paul.

Im Mittelpunkt des neuapostolischen Gemeindelebens stehe der Gottesdienst mit der Predigt und dem Abendmahl. Die Neuapostolische Kirche kennt drei Sakramente: die Heilige Wassertaufe, das Heilige Abendmahl und die sogenannte Heilige Versiegelung, „durch die der Getaufte die Gabe des heiligen Geistes empfängt“. Neben der Verkündigung kommt in der Gemeinde aber auch der Seelsorge eine wichtige Bedeutung zu. Ehreamtliche versuchen, jeden Einzelnen zu erreichen.

Geführt wird die neuapostolische Kirche von Aposteln, an deren Spitze der sogenannte Stammapostel, derzeit Dr. Wilhelm Leber (Zürich), steht. Die Apostel ordinieren die Mitarbeiter für die Gemeinden. Ämter gibt es dort reichlich, sie werden durchweg von Laien ausgeübt. Vorsteher (bzw. leitender Priester) in den drei Gemeinden in Süd sind zurzeit Volker Hillbrecht (Mündelheim), Peter Oppermann (Buchholz) und Thomas Wichert (Wanheim). Insgesamt gibt es sieben Priester in Buchholz, sechs in Wanheim und fünf in Mündelheim.

Frauen bekleiden in der Neuapostolischen Kirche keine Ämter, „sie sind mehr im Unterricht tätig“, sagt Dr. Udo Paul. Wie man zu anderen Glaubensgemeinschaften steht? „Wir sind offen für den Dialog, nehmen auch an interreligiösen Veranstaltungen teil.“ Und Nichtgläubige? „Der Glaube gibt was fürs tägliche Leben. Wer ihn nicht hat, dem fehlt etwas. So gesehen verfolgen wir schon einen gewissen Missionierungsgedanken“, erklärt Dr. Udo Paul.

Kirchensteuer müssen die neuaopostolischen Glaubensgeschwister nicht zahlen, ihre Kirche finanziert sich über Spenden.

Gerne würde man daher den kleinen Kirchenbau in Ungelsheim veräußern, er sei „gut in Schuss“. Ein Käufer hat sich bisher allerdings noch nicht gefunden.