Ehingen. .

Es macht Sinn, bei allen industriellen Großprojekten die Bürger mit ins Boot zu holen - rechtzeitig, bevor der Bau beginnt. In diesem Punkt sind sich der Bürgerverein Ehingen und die Hüttenwerke Krupp-Mannesmann (HKM) sicher einig.

Rund hundert Frauen und Männer aus Ehingen und Um­gebung besuchten die Jahreshauptversammlung des Bürgervereins. Grund des ungewöhnlichen Andrangs: Dr. Udo Kalina, Leiter der Umweltabteilung bei HKM, in­formierte die Anwohner über den Ausbau der Kokerei auf dem Hüttengelände am Rande von Ehingen.

Der Umweltfachmann von HKM trug die wichtigsten aktuellen Planungsdaten für die neue Kokerei vor, mit der das Unternehmen die Jahresproduktion mittelfristig auf rund 2,3 Millionen Tonnen Koks verdoppeln will. Die 90-minütige Diskussion im Bootshaus am Hirtenweg zeigte: Einerseits haben die Ehinger Verständnis dafür, das HKM mit dem Neubau der Kokerei langfristig seinen Standort sichern und damit die rund 7000 Arbeitsplätze erhalten will.

Andererseits machen den Anwohnern seit Jahrzehnten die Emissionen aus den Schornsteinen und von den Kohlehalden der Kokerei zu schaffen, die als Immissionen bei ihnen auf ihren Autos, Fensterscheiben und -bänken landen.

Zum Beweis brachte ein Bür­ger Dr. Kalina bei dem Info-Treff ein durchsichtiges Plastiksäckchen mit, in das er kohlrabenschwarze Rußpartikel von seinem Auto und seinem Grundstück gefüllt hatte. Die HKM-Kokerei ist von der ersten Wohnbebauung in Ehingen gerade einmal rund dreihundert Meter entfernt.

Dr. Kalina entgegnete: „Ein Ziel bei dem Bau der neuen Hochbatterie ist es, die Feinstaubbelastung zu senken und die Emission aller kokereispezifischen Luftschadstoffe weit unter den gesetzlichen Grenzwerten zu halten. Für Umweltmaßnahmen gibt HKM daher 100 der insgesamt 400 Millionen Investitionskosten aus.“

Unter anderem sollen bei der Koksproduktion die biologische Abwasserbehandlung ausgebaut, die Kohlebehandlung und die Kohlebehaldung geändert werden. Außerdem sollen austretende Gase reduziert und statt, wie bisher, Schwefelgas flüssige Schwefelsäure gewonnen werden. Diese Maßnahmen senken insgesamt die Emissionen, so Dr. Kalina.

Doch so sehr sich Dr. Kalina mit zahlreichen detaillierten Daten und Fakten in seinem Vortrag mühte: Die letzten Zweifel an der Umweltverträglichkeit des Großprojekts konnte der Umweltfachmann bei seinen Zuhörern nicht ganz ausräumen.

Zwar wird die Feinstaubbelastung in Ehingen durch den Einbau modernster Filtertechnik nach Kalinas Angaben nennenswert um rund die Hälf­te sinken. Dr. Kalina: „Die Gesamtstaubemission wird sich in Ehingen langfristig verringern. Das hat u.a. mit dem veränderten Umschlag und der Lagerung der Kokskohle zu tun.“

Doch auf der anderen Seite wird der Ausstoß von anderen Luftschadstoffen nach der In­betriebnahme in der zweiten Jahreshälfte 2013 steigen. So wird die neue Kokerei etwa 40 bis 50 Prozent mehr krebserregende Substanzen wie Ben­zol und Benzoalpyrene, rund 20 Prozent mehr Schwefeldioxid (SO2) und bis zu 80 Prozent mehr Stickoxid (NOX) im Rauchgas ausstoßen. Dr. Kalina: „Diese Werte liegen alle weit unter den ge­setzlichen Grenzwerten.

Ermittelt und dokumentiert wurden die Ergebnisse in 21 Gutachten, die HKM bei zehn unabhängigen Instituten in Auftrag gegeben hat. 23 Messstellen sollen, wie bisher, die Emissionen der alten/neuen Kokerei in Ehingen überwachen. Der HKM-Umweltexperte versprach den Bürgerinnen und Bürgern in Ehingen und Umgebung, die Messdaten in naher Zukunft als anschaulich aufbereitete Tabellen und Diagramme zur Verfügung zu stellen.