Buchholz. .

„99 Prozent meiner Leute schaffen es“. Darauf ist Barbara Frintrop stolz. Sie bietet in der Niederrheinischen Musik- und Kunstschule an der Münchener Straße Mappenkurse für Studienbewerber an. Eine überzeugende Mappe mit mindestens 20 eigenständigen Arbeiten ist für künftige Design- oder Kunststudenten die Eintrittskarte zur Uni - wichtiger als die Abinoten.

Irgendwo in der ersten Etage klimpert jemand auf dem Klavier. Unten, im Kunstraum im Erdgeschoss, wo Barbara Frintrop jeden Montag Nachmittag einen Mappenkurs leitet, ist es zur Zeit ganz ruhig - eine entspannte Atmosphäre. Stefanie Haase zeichnet eine Glasflasche nach, versucht dabei die Proportionen exakt aufs Blatt zu übertragen.

Die Flasche hat sie aus einem der vollgepackten Regale an der Wand geholt. Hier türmt sich ein buntes Sammelsurium: Körbe, Blumen, Gefäße aller Art, Dinosaurier, Muscheln, Schnickschnack aller Art. Dazu gibt es jede Menge Stifte, Farben, Papier in allen Variationen. Aus diesem reichhaltigen Fundus können sich die Kursteilnehmer bedienen.

Julia Reich hat sich die farbigen Kreiden ausgesucht und probiert verschiedene Schattierungen aus. Genau wie Stefanie will sie zum Wintersemester Kommunikationsdesign studieren. Um an einer Hochschule angenommen zu werden, müssen die beiden die zuständigen Professoren von ihrer künstlerischen Eignung überzeugen. Dazu ist die Mappe da.

Wahrnehmung, Darstellung Kreativität - das sind die Kriterien, nach denen die Bewerber beurteilt werden. „Es fängt damit an, dass die Jugendlichen erst einmal lernen, genau hinzugucken“, so Barbara Frintrop. Die Duisburgerin, die als Künstlerin und Kunsttherapeutin arbeitet, gibt ihren Schülern Anregungen, erklärt ihnen Zeichen- und Maltechniken, gibt aber keinen Kunstunterricht, wie die Teilnehmer ihn in der Schule kennen gelernt haben.

„Es kommt gar nicht darauf an, dass jemand eine perfekte Mappe abgibt, schön säuberlich mit Passepartouts. Viel wichtiger ist es, dass der Dozent eine eigene Handschrift und eine Entwicklung erkennt“, so Barbara Frintrop.

Die Kandidaten sollen selbstständig arbeiten. Dennoch schätzt Stefanie den erfahrenen Blick der Dozentin, die sie immer wieder auf gewisse Dinge hinweist. „Schau’ mal, die Ellipse stimmt nicht, eine Flasche sieht an beiden Seiten gleich aus“.

Im Schnitt kommen sechs, manchmal auch zehn Teilnehmer zum Mappenkurs. „Der Austausch dabei ist unheimlich wichtig“. Der eine berichtet von seiner Bewerbung an der Essener oder der Düsseldorfer Uni, ein anderer gibt seine Erfahrung vom Praktikum beim Fotografen weiter.

Dabei kippen gelegentlich auch Berufsträume über Bord. Ein ausgesprochen schüchternes Mädchen, das Kunstlehrerin für die Sekundarstufe II werden wollte, hat sich dann doch für den Sonderschulbereich entschieden. „Das Mädchen hätte sich der Oberstufe niemals durchsetzen können. Sie ist jetzt ganz glücklich mit ihrer Wahl“, so die Dozentin, die über zwölf Jahre Erfahrung mit angehenden Studenten verfügt und kritisch anmerkt, dass gerade Gymnasiasten in Sachen Berufsfindung oft wenig Unterstützung von Seiten der Schule erfahren.

Eine andere Kandidatin hat auf Kunsttherapie umgeschwenkt anstatt in die Werbung zu gehen. Und es kommt auch vor, dass Teilnehmer sich entscheiden, das Zeichnen ausschließlich als Hobby weiter zu betreiben und beruflich etwas ganz anderes zu machen.