Großenbaum. .

In Deutschland geschehen jährlich über 120 Unfälle mit Hochspannung, mit Leitungen ab 1000 Volt Wechselspannung. Davon verlaufen 30 % tödlich.

Dipl.-Ing. Hans-Peter Steimel ist bei der Berufsgenossenschaft Ener­gie-, Textil-, Elektro- und Medienerzeugnisse für Elek­trotechnik zu­ständig. Wir wollen von ihm wissen, was ge­nau beim Stromschlag ge­schieht.

„Die Luft rund um eine Hochspannungsleitung wirkt“, sagt er, „mehr oder we­niger isolierend.“ Unterhalb einer Distanz von 16 Zentimetern zu einer Leitung von 15 000 Volt Spannung, wie sie die Bahn führt, „erreicht die elektrische Feldstärke einen derart hohen Wert, dass die Isolierfähigkeit der Luft ihm nicht mehr standhalten kann.“ Komme man bis auf diese Entfernung heran, entstehe ein Lichtbogen mit lautem Knall, ähnlich wie bei einem Blitz. Bei einer Überlandleitung mit 380 000 Volt Spannung seien es unter 2,05 Metern. Steimel: „Diese Abstände grenzen die Gefahrenzone ab.“ Die zugehörigen Sicherheitsabstände betrügen ein Vielfaches.

Was der menschliche Körper in diesen Bruchteilen einer Se­kunde zu verkraften habe, sei gewaltig. „Unser Körper er­zeugt normalerweise bei Be­wegung eine Energie von 70 bis 75 Watt“, sagt er. Und dabei würden wir schon anfangen zu schwitzen. Da etwa 65 % des Körpergewichts auf Wasser ent­fallen, ist der Körper ein guter Stromleiter. „Der Strom sucht sich dabei den Weg des geringsten Widerstandes“, so Steimel.

Dort, wo der Lichtbogen auftrete, sei die Eintrittsstelle in den Körper. An ihr würden genauso schwere Verbrennungen auftreten wie an der Austrittsstelle, etwa den Füßen, mit denen man auf dem Mast stehe. Bis zu 90 Kilowatt Stromleistung, das ist die Mo­torleistung eines Mittelklasse-Pkw bei Vollgas, mithin das mehr als Tausendfache der Energiemenge, für die der Körper ausgelegt sei, müssten dabei aufgenommen werden.

Die Folge sei, dass schwere innere Verbrennungen auf dem gesamten Weg des Stroms zwischen Eintritts- und Austrittsstelle auftreten könnten. Das dadurch zerstörte Muskel- und Nervengewebe sterbe in der Folge ab, so dass die betroffenen Gliedmaßen häufig amputiert werden müssten. Stünde man auf dem Mast, wären die Folgen bei direktem Kontakt mit dem Draht noch gravierender.

Nur komme es bei derartigen Anlagen wegen des Lichtbogen-Ereignisses meist nicht zum Kontakt mit dem spannungsführenden Teil, sprich der Leitung.