Serm. .
In der Scheune der Steinmüllers ist es gemütlich warm. In der einen Ecke gluckert der Topf mit dem Glühwein vor sich hin, in der anderen Ecke blubbert der Pott voller Leim. Beides hausgemacht.
Der Glühwein hält die fleißigen Handwerker der KG Südstern bei Laune, der Leim hält die Pappfiguren auf den Motivwagen zusammen.
Einen Tag nach Weihnachten geht’s los. Dann schalten die Wagenbauer der Sermer Karnevalsgesellschaft von „Stille Nacht, heilige Nacht“ auf „Drink doch ene met“ um. Bis zum Zug am 6. März treffen sich die Männer der Prinzengarde Abend für Abend in der Scheune. Dort wird dann gehämmert, gesägt, geklebt und gemalt.
Acht Wochen dauert es, bis Adolf Sauerland aufgebaut ist, fünf Minuten reichen, um ihn nach Rosenmontag zu demontieren. Der Oberbürgermeister ziert dieses Jahr den Wagen vom Hauptausschuss Duisburger Karneval. Die KG Südstern hat den Auftrag, diesen Motivwagen zu bauen. „Wie genau das Motiv aussehen wird, dürfen wir nicht verraten“, entgegnet Jens Funke.
Im Schnitt treffen sich zehn, zwölf Mann von Montag bis Freitag jeden Abend in der Scheune - Schreiner, Maurer, Schreibtisch-Täter, alle Berufsgruppen sind vertreten. Die Atmosphäre ist entspannt, keine Hektik. Erfahrene Wagenbauer wie Jens Funke oder Michael Straub zeigen den Neulingen, was zu tun ist.
Zunächst wird das Holzgerüst, das tragende Element jeder Figur; errichtet - eine Arbeit für die Profis. „Es ist wichtig, dass die Proportionen stimmen. Dazu braucht man eine gewisse Erfahrung“, so Funke, der seine Brötchen als Koch verdient. Die passende Form bekommt der Pappkamerad durch den Kaninchendraht, der um die Holzteile gespannt wird.
Auf diesen Draht wird das Papier geklebt - eine Aufgabe für den Nachwuchs. Stück für Stück tunkt Marvin Hümbs die Papierstreifen, die meisten stammen aus dem Altpapierbestand von Mannesmann, in den Leim und pappt sie anschließend Adolf Sauerland oder dem Hippenbock auf den Leib. Der Bock gehört zum Wagen der KG „Op de Hippe Höh“, den die Sermer ebenfalls in Arbeit haben.
Jetzt, wo endlich klar ist, dass der Sermer Zug ziehen kann, arbeiten die Karnevalisten mit Volldampf. In der Scheune von Schmiedemeister Dieter Steinmüller, mitten im Dorf, wird gewerkelt, was das Zeug hält. „Es ist gut, dass die Ungewissheit vorbei ist“, so Funke. Zwischendurch werden die Männer immer wieder von der Hausherrin mit Getränken oder Schnittchen versorgt. Nicht umsonst ist Marianne Steinmüller die einzige Frau, die Mitglied der Prinzengarde sein darf.
Neben den Motivwagen müssen die Gesellschaftswagen hergerichtet werden. Das Grundgerüst aus den Vorjahren bleibt. Der Name des Prinzen muss natürlich aktualisiert werden. Dieses Jahr hat Prinz Pitter, alias Peter Dupree, das Zepter in der Hand.
Zwei Wochen vor Rosenmontag übernimmt „Maler-Manni“ das Regiment in der Scheune. Dann bekommen die Wagen einen wetterfesten Anstrich. „Fünf, sechs Stunden Regen hält der Anstrich locker aus“, versichert Funke. Genug, um den Zug in Serm am Sonntag und am Rosenmontag in der Innenstadt zu überstehen.
Weiberfastnacht spätestens sollte alles fertig sein. Es ist aber auch schon vorgekommen, dass beim Zug am Sonntag jemand mit Farbeimer neben den Wagen hergelaufen ist, um die letzten Pinselstriche zu setzen. Die Wagenbauer, die allesamt zur Prinzengarde gehören, fahren auf den Gesellschaftswagen mit, dann natürlich in ihren schicken roten Uniformen.