Huckingen. .
Dirk Hosse (42) ist hochgradig frustriert: Er will arbeiten, aber man lässt ihn nicht. „Ich kann so viele Bewerbungen schreiben wie ich will, es kommt alles zu-rück. Behinderte werden einfach nicht eingestellt“, sagt er.
Dabei hat der Huckinger, dessen rechter Arm spastisch gelähmt und der zudem hörgeschädigt ist, eigentlich „gar nicht so schlechte Karten“: Er ist gelernter Bürokaufmann und arbeitete mehrere Jahre lang als Kurierfahrer und im internationalen Frachtverkehr. „Ich saß eine ganze Weile am Steuer eines 7,5-Tonners“, berichtet er.
Doch 2004 wurde er arbeitslos. Und: Weder in Wuppertal, wo er damals lebte, noch in Duisburg (wohin es ihn 2010 der Liebe wegen verschlug), fand bzw. findet er einen Job. „Ich telefoniere und telefoniere, aber ohne Erfolg. Der Markt für behinderte Arbeitnehmer wird immer kleiner. Die Betriebe zahlen lieber die gesetzlich vorgeschriebene Ausgleichsabgabe, als dass sie Behinderte einstellen“, sagt er (siehe Zweittext unten).
Nicht ganz bestätigen will das das Jobcenter Duisburg (Arge). „Es stimmt, es gibt Vorbehalte bei den Betrieben - und in wirtschaftlich schwierigen Zeiten ist es auch schwieriger, Schwerbehinderte zu vermitteln. Dennoch ist die Zahl der Behinderten, die wir in Arbeit bringen konnten, in den letzen Jahren gestiegen“, sagt Sprecherin Johanna Muschalik. Konkrete Zahlen kann sie allerdings nicht nennen. Nicht festgehalten ist beim Jobcenter oder auch der Agentur für Arbeit, wie viele Betriebe tatsächlich Behinderte beschäftigen.
Was die Statistik zeigt: rund zehn Prozent aller Duisburger sind schwerbehindert. Und: 1765 Behinderte sind arbeitslos (Stand: Januar 2011), sie machen 5,6 % aller Arbeitslosen aus. Verglichen mit den Nachbarstädten liegt das im Schnitt. In Mülheim waren es zwar nur 3,6 %, in Essen aber 5,8, in Oberhausen sogar 6 %.
„Es kommt auf die Behinderung an, wie gut jemand zu vermitteln ist. Pauschale Aussagen kann man nicht machen“, erklärt Hans-Georg Grein von der Agentur für Arbeit. Johanna Muschalik meint: „Es gibt durchaus Jobchancen für Behinderte.“ Auch 1-Euro-Jobs ließen sich finden - ausschlaggebend sei die Eignung des Einzelnen. Zum Fall Hosse darf sie aus Datenschutzgründen konkret nichts sagen.
Dirk Hosse würde lieber heute als morgen arbeiten gehen, weil es Spaß macht und weil er von den 349 Euro (Hartz IV) im Monat kaum leben kann. Aber seine Hoffnung auf eine Stelle schwindet. „Die Arge sagt, ich sei arbeitsfähig und vermittelbar, aber Angebote bekomme ich von dort nicht“, klagt er. Seine Initiativbewerbungen laufen ins Leere. Sogar mit dem Gutschein von der Arge für drei Monate Beschäftigung auf Probe (dem Arbeitgeber entstehen keine Kosten) ließ sich nirgendwo ‘was reißen.
Für eine Einstufung als erwerbsunfähig sei er „zu fit“. Selbstständig machen könne er sich leider auch nicht: „Es fehlt mir einfach das Materielle, um einen Transporter zu kaufen und Kurierdienste an- zubieten.“ Auch nach 1-Euro-Jobs hat sich der 42-Jährige umgesehen, hat „den sozialen Bereich abgeklappert“. In einer Behindertenwerkstatt erklärte man mir, ich sei zu gut gebildet, um dort zu arbeiten.“
„Ich würde alles tun - am liebsten aber fahren“, sagt Hosse. Er besitzt den Führerschein Klasse 3 (Automatik), bewältigt lange Strecken. „Ich würde auch den Führerschein Klasse 2 machen, aber die Arge finanziert das nur, wenn ich die Einstellungsgarantie eines Betriebes vorweise. Und die wiederum kriege ich nicht, weil ich keinen Führerschein Klasse 2 habe. Kurios, oder?“
Feimotorische Tätigkeiten kann Dirk Hosse nicht ausüb-en, in einer lauteren Umgebung ist sein Hörschaden ein Hindernis. In die Waagschale werfen kann er, dass er Englisch-Kenntnisse hat, sich mit Word und dem Internet auskennt. Auch als Radio-Moderator hat er (ehrenamtlich) gearbeitet - beim Web Job-Radio Germany. Er sagt: „Ich bin offen für alles, es muss doch irgendwo Arbeit für mich geben.“ Kontakt: Tel. 8071997