Wanheim. .

Michael Meier (Name geändert) ist chronisch krank, er leidet an einer Psychose und bekommt deshalb schon seit einiger Zeit ein Me­dikament namens „Ciatyl-Z“.

Ein Präparat, das ihm hilft. Jetzt aber wurde der Bewohner des Wohnheimes für psychisch kranke Menschen der Regenbogen GmbH böse überrascht. Die Krankenkasse übernimmt die Kosten für das wirksame Neuroleptikum nur noch zum Teil. Die Folge: Meier muss an die 40 Euro im Monat zuzahlen, wenn er das Mittel weiterhin nehmen möch­te. Ein billigeres, wirkstoffgleiches Generikum gibt es zurzeit nicht.

Für den Langzeiterkrankten Meier und sieben seiner Mitbewohner, die „Ciatyl-Z“ eben­falls verschrieben bekommen, ist das kaum machbar. „Die Menschen, die hier im Wohnheim leben, haben im Monat einen Barbetrag von etwa 90 Euro für persönliche Ausgaben zur Verfügung“, er­klärt Michael Bormke, Leiter der Einrichtung. Fast die Hälfte davon ginge künftig also für die Medikamentenzuzahlung drauf.

„Es besteht die Gefahr, dass die Betroffenen ihr Medikament nicht mehr nehmen wollen, weil sie sich dieses nur leisten können, wenn sie an anderer Stelle verzichten“, fürchtet Psychiater Christof Schoppmann, Vorstandsmitglied bei Regenbogen e.V. Ohne das Mittel aber würde sich ihr Ge­sundheitszustand schnell verschlechtern. „Ein stationärer Aufenthalt könnte notwendig werden, und der wäre für das Gesundheitssystem ja sehr viel teurer“, so Bormke. Ein vermutlich längerer Klinikaufenthalt wäre auch fällig, wenn sich der Patient auf ein anderes (zuzahlungsfreies) Medikament umstellen lasse. „Das dauert seine Zeit und verursacht hohe Kosten. Außerdem kann das neue Me­dikament unter Umständen das Zehnfache vom jetzigen kosten“, so Bormke. Also das Gesundheitssystem viel mehr belasten und damit - letztlich - auch den Beitragszahler treffen.

Was ist der Hintergrund der ganzen Geschichte? Zum 1. September 2010 hat der „Gemeinsame Bundesausschuss“ (siehe Info-Kasten) be­schlossen, die sogenannte „Festbetragsregelung“ ­bei einigen Medikamenten zu ändern. Eines davon: „Ciatyl-Z“. Zahlten die Kassen bisher 52,50 Euro für die 100-Tabletten-Packung, so sind es nun nur noch 35,49 Euro. Die Differenz - 17,01 Euro - muss der Patient aufbringen.

„Mit der Senkung der Festbeträge, die die Kassen zahlen, will man die Pharmaindustrie wohl drängen, ihre Preise zu senken. Ob oder wann das passiert, ist aber völlig offen. Leidtragende sind erstmal die Pa­tienten“, klagt Michael Bormke. Er ärgert sich darüber, dass die Änderungen „vorher nicht kommuniziert wurden und Ärzte, Heime und Bewohner nun ganz plötzlich vor einem Problem stehen“.

„Es ist für uns unverständlich, dass Menschen, die medikamentös gut eingestellt sind, jetzt mühsam ausprobieren müssen, ob ein anderes Mittel ihnen auch hilft. Das kritisieren wir mit Nachdruck. Wir wol­len zudem darauf aufmerksam machen, was diese neue Regelung der Volkswirtschaft antut“, so Michael Bormke.