Großenbaum.
Sie haben harte 15 Monate hinter sich, die Geschäftsleute an der Angermunder Straße. Kunden konnten sie nicht mehr wie gewohnt erreichen, die Umsätze gingen zurück. Aber jetzt ist für die meisten von ihnen die Welt wieder in Ordnung.
„Bin ganz zufrieden“, sagt Apotheker Dr. Christoph Herrmann über den barrierefrei ausgebauten Bahnhofsvorplatz und die nähere Umgebung. „Es war ein bisschen schmuddelig und das ist nicht mehr“, freut er sich. Es gebe keinen Jägerzaun mehr. Die Bäume seien schön eingefasst. „Sehr ordentlich geworden.“
„Bleibt nur abzuwarten, wie die 30er-Zone angenommen wird“, gibt Udo Lehmann zu bedenken. Er betreibt weiter südlich zwei Brautmodengeschäfte. „Zur Zeit der Baustelle konnte man die Straße jedenfalls gefahrlos überqueren“, so Dr. Herrmann. „Denn Zeitverzögerung durch die Ampel an der Einmündung Saarner Straße gibt es ja dank Kreisverkehr nicht mehr. Wir hatten ja Staus bis zum Lipkamp.“
Der Apotheker gehört zu jenen, die den Kreisverkehr bevorzugt hatten, um Durchgangsverkehr und damit Kundschaft zu halten. „Wer vorher hierher fuhr, wird es auch heute tun“, ist sich Udo Lehmann sicher. „Obwohl es ja Alternativen gibt“ - Albert-Hahn-Straße und A 59. Den Durchgangsverkehr zu vertreiben, dafür wäre ein radikaler Umbau („Shared Spaces“) nötig gewesen. Der war nicht mehrheitsfähig.
„Schön, dass nicht mehr auf nacktem Boden geparkt werden muss“, freut sich Lehmann. „Das kostet aber ein Drittel der Parkplätze“, gibt Dr. Herrmann zu bedenken. Das wilde Parken werde zunehmen, befürchten beide.
„Ich seh’ da noch Stellen, wo Platz ist“, sagt der Apotheker. Lehmann zweifelt: „Das sind aber alles Privatplätze.“
Beim Workshop mit ausgewählten Bürgern, berichtet Dr. Herrmann, sei die Festlegung der Parkplätze jedenfalls nicht erfolgt. „Es ging nur ums Grobkonzept für den Bahnhofsvorplatz.“ Bei einem zweiten Bürgertermin sei davon mehr die Rede gewesen. „Die Parkplatz-Situation ist allen möglichen Normen geschuldet, über die Größe von Baumscheiben etwa“, fährt er fort. Und das sei mit Akribie umgesetzt worden.
Allerdings sei auch Rücksicht genommen worden. „Um vor meiner Apotheke einen zweiten Parkplatz einzurichten, wurde sogar eine Laterne versetzt“, so Dr. Herrmann. Die Nordrampe zur Brücke Albert-Hahn-Straße würde Lehmann liebend gern mit Parkplätzen versehen - doch das ist wegen Zweckbestimmung der Gelder für Fußweg auf Jahrzehnte ausgeschlossen. „Da gibt es tatsächlich Leute, die ihn in seiner ganzen Breite als Gehweg nutzen: Jugendliche nämlich“, gibt Dr. Herrmann zu bedenken.
„Darf man denn den verkehrsberuhigten Bereich, also die gepflasterte Fläche, zum Parken nutzen?“, würden die Kaufleute gerne wissen. Das würde ihren Kunden nützen.
Auf dem nackten Kreisverkehr würden die Kaufleute sich Blumenkübel wünschen. „Aber da gab es Bedenken der DVG wegen der Linienbusse“, so Dr. Herrmann.
Die Umsatzeinbußen während der Bauzeit seit Juni 2009 waren „weniger bemerkbar als befürchtet“, findet der Apotheker. Das sieht auch Blumenhändler Horst Möllenhoff so. „Die Stammkundschaft“, sagt er, „hat die Mühe auf sich genommen, nicht mehr mit dem Auto vorfahren zu können.“
Mit seinen Brautmoden kennt Udo Lehmann keine Stammkundschaft. Seine Ausfälle waren „eklatanter, als ich gedacht habe, fast existenzbedrohend.“ Von einer Mitarbeiterin habe er sich trennen müssen. Lehmann würde sich wünschen, wenn aus dem Konjunkturpaket auch die entsprechenden Absicherungen der betroffenen Geschäftsleute getragen würden. „Aber wir gelten ja alle als Millionäre.“