Duisburg-Buchholz. .
Erst streikte der Bagger, seit Mittwoch aber macht er die Heilig-Geist-Kirche in Buchholz dem Erdboden gleich. Pfarrhaus und -heim sind bereits abgerissen. Einige Passanten ignorieren den Abriss, andere verspotten letzte Zeichen des Widerstands.
Es geht ruhig zu an diesem Herbstvormittag an der Sittardsberger Allee, am ersten Tag des Abrisses der Heilig-Geist-Kirche in Duisburg-Buchholz. Schon in der vorigen Woche waren das Pfarrhaus, obwohl ebenfalls nicht baufällig, und das ehemalige Pfarrheim dem Erdboden gleich gemacht worden. Aber am Montag, an dem mit der Kirche selbst begonnen werden sollte, streikte der Bagger, berichteten Zeugen.
Er ist repariert. Aber nur, wenn er mit seiner mächtigen Schaufel versucht, das Fundament, unter dem sich einst der Pfarrsaal befand, zu knacken, wird es etwas lauter. Ansonsten wird behutsam an der Dachkonstruktion der ehemaligen Bücherei und der Clubräume „geknabbert“. Dachbalken knirschen, Dachziegel rutschen herunter. Die Arbeiter unterbrechen häufig.
Gut, es staubt zeitweise stark. Aber dagegen hilft Wassernebel aus einem Feuerwehrschlauch von der Semmeringstraße. Um ihn auf die andere Seite der Kirche zu führen, sind einige Bleifenster der Kirche eingeschlagen worden.
Passant: „Ich hörte Eigenheime - bringt mehr Geld“
Nur wenige Passanten kommen vorbei. Noch weniger halten angesichts der Arbeiten inne. Ein Herr besieht es sich lange. „Ich versteh’ es nicht“, sagt er. „Es scheint ja keiner mehr in die Kirche zu gehen.“ Und dann sinnt er über die geplante Nachfolge-Bebauung durch ein kirchliches Unternehmen: „Ich hörte Eigenheime - bringt mehr Geld.“
Ein Zeitungsbote kennt sich aus. Er erzählt: „Erst haben sie den Pfarrer versetzt. Dann wurden die gemeindlichen Strukturen aufgelöst. Organisierter Widerstand war so nicht mehr möglich.“ Pfadfinder und Frauengemeinschaft blieben noch übrig. Erstere entfalteten zaghaften Protest. „Vor drei Jahren“, fährt unser Zeuge fort, „war hier der letzte Gottesdienst.“ Pfarrer Ludger Schepers habe danach nicht mal mehr das Gespräch mit der Gemeinde gesucht. Der ist dann ja auch noch etwas geworden, fällt uns dazu ein. Wir denken an einen Satz des Papstes: Die Kirche müsse sich angesichts der Missbrauchsfälle von Grund auf reinigen. An Demokratisierung als Reinigungsmittel hat er dabei wohl nicht gedacht.
Bei den Katholiken ist weiter Kuschen angesagt. „Es ist nie vorgerechnet worden, wie viel Geld beigesteuert werden müsste, um so eine Kirche doch zu erhalten“, reißt uns der Bote aus unseren Gedanken. „Ich kann mir gar nicht vorstellen, im Frühjahr wieder im Garten zu sitzen und es ist kein Kirchturm mehr da.“ Der Widerstand beschränkt sich auf ein Transparent mit der Aufschrift „Hier stirbt unsere Kirche“. Ein Dutzend Friedhofskerzen stehen davor.
Küster: „Von den bekloppten Pfadfindern“
Dass man Alles auch ganz anders sehen kann, verrät ein Trupp Küster, der vorbeikommt, um zu fotografieren. Wir nehmen nur Satzfetzen wahr: „Froh, dass das Ding endlich weg ist“, hören wir. Und zu dem Transparent: „Von den bekloppten Pfadfindern, die es noch immer nicht kapieren.“
Eine ältere Frau führt ihren Hund am Bauzaun entlang. Mehrfach schaut sie die mächtige Kirchenwand an. Wir sprechen sie an. „Traurig. Das war einmal meine Kirche“, sagt sie. „Erst Sankt Nikolaus zu, jetzt hier zu. Eine Kirche nach der anderen.“ Sie geht.
Uns fällt der Grundstein im Eingangsbereich auf. „1959“ ist darin eingemeißelt. 51 Jahre also. Adenauer war noch Kanzler. Lübke wurde Bundespräsident. Und doch: Welch seltsames Verständnis von Nachhaltigkeit bei der ältesten Organisation der Welt.