Hüttenheim. .
Gabriele vom Ende freut sich. Auch in diesem Jahr konnten alle 64 Ausbildungsplätze besetzt werden. „ Gut qualifiziertes Personal ist das Pfund, mit dem wir wuchern können“, sagt die Ausbildungsleiterin bei HKM.
Die Ingenieurin denkt voraus. „Wir müssen vorsorgen. In einigen Jahren wird eine Riesenlücke klaffen, dann fehlen jede Menge Facharbeiter und Ingenieure. Die Hüttenwerke Krupp-Mannesmann (HKM) gehören zu den größten Ausbildungsbetrieben im Duisburger Süden. Mehr als 200 junge Leute werden an der Ehinger Straße auf den Beruf vorbereitet - und zwar als Azubi und als „Kia“, wie die Kandidaten heißen, die parallel zum Studium eine Berufsausbildung absolvieren.
So wie Dennis Clasen. Für Dennis (21) stand von Anfang an fest, dass er zu HKM gehen wird. Er ist der dritte in der Clasen-Dynastie bei den Hüttenwerken. Vom Vater, der hier als Ingenieur arbeitete, hat er von der Möglichkeit der kooperativen Ingenieurausbildung erfahren.
An der Uni Duisburg/Essen studiert er Elektrotechnik, bei HKM absolviert er eine auf zwei Jahre verkürzte Ausbildung zum Elektroniker für Betriebstechnik. „Das ist schon knochenhart“, sagt der Duisburger. Sieben Stunden körperliche Arbeit in der Werkstatt, an zwei Tagen Vorlesungen an der Uni und abends Büffeln fürs Studium und die Abschlussprüfung zum Facharbeiter. „Semesterferien kenne ich nicht“, erzählt Dennis, der seit einem Jahr diesen Stiefel durchzieht.
Seine Berufsaussichten sind dafür glänzend. „Diese Leute werden von allen Seiten umworben“, so die Ausbildungsleiterin. Damit die hoch qualifizierten Absolventen nicht schamlos abgeworben werden, versucht HKM sie u. a. mit Stipendien fürs aufbauende Masterstudium zu halten. „Der Vorteil eines großen Unternehmens ist, das wir alle möglichen Arbeitszeitmodelle anbieten können. Zum Beispiel einen Halbtagsjob, so dass sie parallel weiter studieren können“, so vom Ende.
Die Möglichkeiten eines Großunternehmens mit 3000 Beschäftigten haben Mario Traversari gereizt, sich für einen Ausbildungsplatz zum Industriemechaniker zu bewerben. In das italienische Restaurant, das sein Vater in Düsseldorf betreibt, wollte er auf keinen Fall einsteigen. „Kunden bedienen, das ist nichts für mich“. Auch die Handelsschule, die er nach der zehnten Klasse besuchte, war nicht nach seinem Geschmack. „Zu theoretisch“. Der 20-Jährige hofft, nach der dreieinhalbjährigen Ausbildung ins Bestenförderprogramm aufgenommen zu werden. „Da kann ich meinen Meister machen oder vielleicht auch noch ein Studium“.
Obwohl er in seiner Freizeit Thai-Boxen trainiert, hat er die Anfangsphase in der Lehrwerkstatt als ziemlich anstrengend gefunden. „Aber man gewöhnt sich dran. Sogar an das frühe Aufstehen“.
Wie alle Azubis fängt Martin Winckler (23) morgens um sieben an. Die ersten eineinhalb Jahre lernt er in der Lehrwerkstatt, anschließend geht es in den laufenden Betrieb. 703 Euro gibt’s im ersten Lehrjahr, 724 Euro im zweiten. Solange man keine eigene Wohnung unterhält, reicht’s.
Auch Michaela Braasch wohnt noch zu Hause. Die 19-Jährige hat von ihrer Mutter, die bei HKM als Bürokauffrau arbeitet, vom integrierten Ingenieurstudium erfahren. Seit einem Jahr studiert sie an der Uni Duisburg-Essen „Steel Technology and Metal Forming“, ein internationaler Studiengang, bei dem es um Metallurgie (Hüttenwesen) geht. Die Vorlesungen laufen meist auf Englisch, die Kommilitonen kommen aus der ganzen Welt und die Materie ist ziemlich kompliziert. Abbrecherquoten von 60 Prozent sind üblich. „Das Studium hat mich auf den Boden zurückgeholt“, gibt Michaela zu. Bisher war der 19-Jährigen, die eine Klasse übersprungen hat, alles zugeflogen.
Mit Enthusiasmus hat sie schon vor Jahren an ihrem Roller herumgeschraubt. Deshalb gefällt ihr die handwerkliche Ausbildung zur Industriemechanikerin ausgesprochen gut. Auch nach dem Studium will sie erst einmal im Betrieb arbeiten, eher sie ein weiteres Masterstudium anhängt. Sie ist fest davon überzeugt, sich als junge Frau in der Männerwelt der Hütte durchzusetzen. „Man muss die Jungs nur richtig ansprechen“, sagt sie in taffem Ton.