Huckingen. .

Draußen in der Sonne liegen die Stuttgarter Riesen. Für Laien: Das sind keine Rassekaninchen, sondern große, schmackhafte Zwiebeln. Herbert Zentek ist gerade dabei, sie zu ernten. 70 Kilo Cilena lagern bereits in der Kartoffelkiste. Ob es die Melonen, die der Vorsitzende der Huckinger Kleingartenanlage „Angerperle“ aus Kernen gezogen hat, zur Erntereife bringen, bleibt fraglich.

Für die meisten der Kleingärtner der Angerperle ist die Parzelle im Sommer das zweite Wohnzimmer. Denn 21 der 22 Pächter wohnen direkt nebenan, in der Bruchgrabensiedlung. So auch Reinhard Chabitschovsky. Von der Wohnung An der Fliesch kann er seinen Kleingarten sehen. „Anfangs, wenn die Frau das Essen fertig hatte, hat sie gewunken“, dann ist der ehemalige Technische Angestellte nach Hause gegangen - praktisch, in Zeiten ohne Handy.

Reinhard Chabitschovsky spricht von den Siebzigern, als die Anlage noch neu und die Bäume niedrig waren. Er gehört zu den „Erstgärtnern“, hat bereits 1966, als die Anlage eröffnet wurde, gepachtet. Der Apfelbaum, Sorte Prinz Albrecht, ist genau so alt wie die Angerperle - 44 Jahre nämlich. Der Apfelbaum gehörte neben Birne und Schattenmorelle zum Starterpaket, das der Stadtverband damals den neuen Kleingärtner spendierte.

Der erfahrene Hobbygärtner hat bereits überlegt, den stattlichen Obstbaum zu fällen. Die Hortensien, die unter seinen ausladenden Ästen wachsen, haben ihm bisher das Leben gerettet. „Der Baum ist ein guter Schattenspender für die Blumen“. Außerdem gibt es in dieser Saison wieder zahlreiche rotwangige Prinz-Albrecht-Äpfel, die der Besitzer im September großzügig an die Gartenfreunde verteilen wird.

Anna Sabrowski bekommt sicher auch welche ab. Die Gartennachbarin ist erst seit vier Monaten dabei - allerdings mit Feuereifer. Sie baut köstlich duftenden Melonensalbei und Ananasminze an, um daraus Tee herzustellen. Aus den Blättern der tiefroten Baccararose und einem guten Olivenöl mischt sie eine wohltuende Körperlotion.

Die Blüten der Kapuzinerkresse kommen in den Salat und aus den Ringelblumen will sie vielleicht irgendwann mal Salbe herstellen. Die Neugärtnerin ist kaum zu bremsen, probiert ein Rezept nach dem anderen aus. Wenn sie ihre Arbeit im Altenheim beendet hat, buddelt und schneidet die begeisterte Hobbygärtnerin noch im Kleingarten, anstatt sich aufs Sofa zu legen.

Die Parzellen der Angerperle sind begehrt, zur Zeit führt Herbert Zentek drei Namen auf der Bewerberliste für einen Kleingarten. „Jüngere Leute mit Kindern“, freut sich der Vorsitzende, der an einem Generationenmix interessiert ist. Bernd Blosen hat drei Jahre auf einen Garten gewartet, Freiraum für den kleinen Sohn war ein Hauptargument für ein Stück Grünland. 1982 konnte der ehemalige Hausverwalter der Gebag-Siedlung eine Parzelle übernehmen, er ist Kleingärtner geblieben, obwohl der Sohn längst das Haus verlassen hat.

Herbert Zentek, seit 1993 Kleingärtner aus Passion, experimentiert gerne: Auberginen, Brokkoli und in diesem Jahr Melonen. „Probieren Sie mal diese Tomaten!“, ermuntert Zentek mit gewissem Gärtnerstolz. Tatsächlich, die Mini-Roma, eine kleine, länglich geformte Cherrytomate, schmeckt wunderbar fruchtig und süß. Ebenso schwört Helmut Zentek auf die selbstangebauten Kartoffeln.

Gemäß einer Empfehlung des Umweltamtes verzichtet er auf krause Gemüse wie Grünkohl oder Endivien sowie auf Pflanzen, die lange im Boden lagern wie Sellerie oder Rhabarber. Aus Vorsicht, weil der Boden aus der Zeit der Berzeliushütte noch mit Dioxin oder Kadmium belastet sein könnte.

Als Vertreter des Kleingartenverbands im Umweltausschuss kennt er sich in diesen Dingen aus. In seiner Funktion wehrt sich Zentek zur Zeit gegen eine anvisierte und bisher vom Stadtrat abgelehnte Straßenreinigungsgebühr auch für Kleingärtner, die die Parzelleninhaber 30 bis 80 Euro im Jahr kosten würde.

Einen Golfrasen erwartet hier niemand, gepflegt sollte die Anlage allerdings sein - und ist sie auch. Wie unter Schrebergärtnern üblich hilft man sich gegenseitig. Alle geben sich gerneTipps.