Duisburg-Ungelsheim.
Zum dritten Mal seit 2008 haben Mieter wie Sonja Betz und Alfred Bergmann eine Mieterhöhung von der LEG erhalten. Ein Großteil ihrer ohnehin geringen Rente fallen nun allein für die Kaltmiete an.
Eigentlich sind Sonja Betz (78) und Alfred Bergmann (80) mit dem Wohnen im Ort ganz zufrieden, wenn da nicht die jährlichen Mieterhöhungen der Landesentwicklungsgesellschaft (LEG) wären, die sie seit ein paar Jahren bekommen. Sonja Betz bewohnt seit 20 Jahren eine 58-Quadratmeter-Wohnung im Hause Blankenburger Straße 18. Ihr Nachbar Alfred Bergmann ist seit über 25 Jahren LEG-Mieter, zog aber 1990, nach dem Tod seiner Frau, in eine kleinere 49-Quadratmeter-Wohnung gegenüber von Sonja Betz.
Während Alfred Bergmann die Mieterhöhung bis zur Höchstgrenze nach Mietspiegel noch schultern kann, trifft es seine Nachbarin hart: Sie soll für ihre größere Wohnung ab 1. Oktober nach drei Mieterhöhungen in Folge 306,80 Euro kalt zahlen, 20,46 Euro mehr als bisher und 5,25 Euro je Quadratmeter. Auch das ist der höchstzulässige Wert laut Mietspiegel. Normal wäre ein Wert von 4,80 Euro. Sonja Betz bekommt aber nur 700 Euro Rente im Monat. Immerhin steuert die Stadt noch monatlich 76 Euro Wohngeld bei. Trotzdem gehen damit fast 40 % ihrer Einkünfte nur für die Kaltmiete drauf.
Zweifel an Höhe der Miete
Ein Versuch, zusätzlich Sozialhilfe in Anspruch zu nehmen, scheiterte bei Sonja Betz vor drei Jahren. Dazu hätte sie zunächst eine Lebensversicherung, die noch bis 2016 läuft und ihren Hinterbliebenen einmal 6000 Euro für ihre Bestattung auszahlen soll, kündigen müssen. „4700 Euro wären mir ausbezahlt worden“, sagt sie. Die hätte sie bis auf einen Rest von 2600 Euro zunächst aufbrauchen müssen. Vorsorge für die eigene Bestattung lässt die Stadt nicht gelten. „Dafür müssten meine Kinder aufkommen“, sagt sie. Sonja Betz hat sechs Kinder großgezogen.
Alfred Bergmann zweifelt an der Höhe der Miete. „Es gibt keinen Estrichboden, sondern nur nackten Beton“, sagt er. Trotz Kunststofffenstern ziehe es. Und die Fassadendämmung stamme auch schon aus der Zeit vor 1990. Da sei allenfalls ein mittleres Mitniveau angemessen.
Maximum an Erträgen steht Leistungs-Minimum gegenüber
Das sieht Carolin Gauglitz von der LEG anders. „Mietanpassungen werden bei der LEG im wohnungswirtschaftlich üblichen Umfang getätigt“, lässt sie uns wissen. Dabei halte die LEG die mietrechtlichen Regelungen ein. Im konkreten Fall orientiere sich die Erhöhung „am lokalen Marktumfeld und berücksichtigt die jeweiligen Ausstattungsstandards der Wohnungen.“ Nach einer Sozialcharta habe sich die LEG zu einer Begrenzung verpflichtet.
„Es war eindeutig, dass es so kommen würde“, sagt dagegen Peter Heß vom Mieterschutzbund. Die LEG nutze alle Möglichkeiten, um zu höheren Mieten zu kommen, ein Maximum an Erträgen nämlich und ein Minimum an Leistungen für die Mieter. Damit könne die Anpassung der Wohngeldsätze nicht schritthalten.
Fehlender Estrich, zugige Fenster
Mängel wie fehlender Estrich oder zugige Fenster dürften, so Heß, freilich nicht zum Anlass genommen werden, die Mieterhöhung abzulehnen. Dann nämlich muss das Amtsgericht darüber entscheiden. „Dafür gibt es die Mietminderung.“ Heß empfiehlt, nur einer teilweisen Erhöhung zuzustimmen. „Im Einzelfall“, sagt er, „kann man mit einer nachvollziehbaren Argumentation vor Gericht Erfolg haben.“ Man dürfe aber nicht moralisch argumentieren, sondern mit der Infrastruktur am Ort und der Ausstattung der Wohnung, juristisch-mathematisch eben.
Der Verkauf der LEG 2008 durch die inzwischen abgewählte CDU/FDP-Landesregierung (Erlös 787 Mio Euro) war politisch stark umstritten. Allerdings kamen die für eine Volksinitiative dagegen nötigen 66 000 Unterschriften nicht zustande. Der von der amerikanischen Investmentbank Goldman Sachs aufgelegte „Whitehall Real Estate Funds“ erwarb die Anteile. Der genaue Eigentümer der LEG, so heißt es bei „wikipedia“, sei wegen einer Eigentümerkonstruktion über Briefkastenfirmen unbekannt. Zur LEG gehören insgesamt, nach einigen Weiterverkäufen, noch 93 000 Wohnungen.