Duisburg. .

Wer wird Weltmeister? „Natürlich Deutschland“, sagt Bernd Clasen im Brustton der Überzeugung. Wenn’s so wäre, würde er sich nicht nur aus sportlichen, sondern auch aus geschäftlichen Gründen freuen. Er ist Chef der Duisburger Fahnenfabrik in Hüttenheim.

Bernd Clasen ist Chef der Duisburger Fahnenfabrik in Hüttenheim. Und der WM-Taumel steigert den Umsatz dort. Denn spätestens seit letzten Freitag flattert es wieder allerorts schwarz-rot-gold von Autos, Balkonen und Hauswänden. Ein Teil der Fahnen, wenn auch nur ein geringer, stammt aus der Duisburger Fahnenfabrik gegenüber den HKM-Hüttenwerken an der Mannesmannstraße. „Die meisten Fahnen kommen natürlich aus Billigproduktionen aus Fernost“, weiß Bernd Clasen. Doch wer was Solides haben will, das auch noch die Frauen-WM im nächsten Jahr übersteht, komme zu ihm.

Hauptsächlich lebt das Unternehmen von Firmenwerbung. 50 000 Fahnen, so schätzt Clasen, produziert der Familienbetrieb, der 1893 von seinem Großvater in Düsseldorf gegründet wurde, im Jahr. Jetzt zur Fußball-WM gehen genauso wie bereits 2006 zusätzlich einige hundert Länderfahnen über die Ladentheke. Vor allem die schwarz-rot-goldenen, aber auch Flaggen von WM-Exoten wie Paraguay oder Honduras, die sonst nirgendwo zu kriegen sind.

In dem Gebäude, in dem früher das alte Ärztehaus von Mannesmann, später die Huckinger Post und seit 1922 eine Fahnenfabrik mit verschiedenen Besitzern untergebracht ist, sitzen Renate Birgel und Gisela Issel an den Industrie-Nähmaschinen und produzieren wie so oft in den vergangenen Tagen Deutschlandfahnen. Zwei Meter mal ein Meter zwanzig ist das gängige Format. „Es gibt auch gedruckte Fahnen, aber die flattern nicht so schön wie die genähten“, erklärt eine der Näherinnen den Unterschied.

Der Stoff ist ein Polyester-Gemisch. Er trocknet schnell, ist knitterfrei und reißfest. „Früher waren die Fahnen aus Baumwolle. „Mein Großvater erzählt, dass die alten Ozeandampfer bei einer Amerika-Überfahrt jeden Tag eine Fahne verschlissen haben. Die Flaggen sogen sich voll Wasser und sind gerissen“, erzählt Enkel Bernd Clasen. So eine Überfahrt dauerte 21 Tage - ein gutes Geschäft für den Fahnenmacher.

Das neue, entspannte Bekenntnis zur Fahne freut Clasen. „Vor ein paar Jahren hat sich ja noch niemand getraut. Da galt man ja als Nazi, wenn man die Deutschlandfahne raushängte.“ In seinem Garten hat er die Wimpelkette mit den Fähnchen aller 32 teilnehmenden WM-Nationen aufgehängt. „Das ist ausgesprochen kommunikativ. Die Leute rätseln, welche Fahne zu welchem Land gehört und kommen so ins Gespräch.“

Mit jedem gewonnenen Spiel steigt der Umsatz des Fahnenmachers. „Immer mehr Leute werden dann von der allgemeinen Begeisterung mitgerissen. Und wenn sie sehen, dass der Nachbar mit Autofähnchen durch die Gegend fährt, ziehen noch einige nach“.

Versteht sich, dass Clasen seinen schwarzen Volvo beflaggt hat - nicht nur mit Autofähnchen aus eigener Produktion, sondern auch mit schwarz-rot-goldenen Bändern, die er um die Außenspiegel gebunden hat. Die Bänder seien auch was für Einsteiger, die nicht gleich Flagge zeigen wollen. Oder für kreative Naturen wie Näherin Gisela Issel, die daraus schwarz-rote-goldene Ohrringe gebastelt hat.