Der Tag des schwersten Luftangriffs auf den Duisburger Süden im 2. Weltkrieg jährt sich heute zum 65. Mal
Bis in der Nacht die Bomben fielen, deutete wenig darauf hin, dass der 21. Mai 1944 als Schreckenstag in die Geschichte des Duisburger Südens eingehen würde. Der Tag des schwersten Luftangriffs im 2. Weltkrieg jährt sich heute zum 65. Mal. Harald Molder, Chronist der Hüttenheimer Geschichte, hat aus Militärund Stadtarchiven und zahlreichen Zeitzeugenberichten zusammengetragen, was an jenem Tag geschah.
Ein Tag wie viele andere war dieser Sonntag, der „Muttertag” 1944. Die Stahlarbeiter traten ihre Schicht an auf der „Heinrich-Bierwes-Hütte”, wie sie seit 1932 hieß, andere besuchten das ev. Gemeindehaus am Klettenweg und die alte kath. Kirche am Sportplatz. Den Nachmittag und frühen Abend nutzten viele zum Spaziergang in den Feldern ringsum oder zum Gang auf den Friedhof. Die älteren Jungs schoben derweil Dienst als Flakhelfer in der Stellung der 8,8cm-Flak hinter der Ehinger Schule. Soldaten verbrachten ihre Freizeit in den Lokalen Hickmann, Dickmann und Lösken. In den „Saalbau Lichtspielen” sahen die Besucher in der „Wochenschau” die neuesten Berichte vor dem Film „Der weiße Traum”.
Im Gegensatz zum Duisburger Norden war der Süden bislang von Bombenangriffen weitgehend verschont geblieben. Bei drei kleineren Angriffen am 14., 20. und 21. Januar fielen neun Sprengbomben, davon zwei Blindgänger, auf Hüttenheim. Auch in der Nacht zum 21. Mai war ein 90- minütiger Alarm ohne Folgen geblieben.
Vorbereitet waren die Menschen. Gegen 21.30 begann die „Verdunkelung” mit Luftschutz- Rollos, vor Kellerfenstern lagen Sandsäcke oder Stahlplatten von der Hütte. Weil der Bunker am Sportplatz noch im Bau war, brachten sich die Bürger in notdürftig mit Holzstempeln abgestützten Kellern in Sicherheit.
Auf der Suche nach auffälligen Lichtschimmern drehten „Luftschutzwarte” ihre Runde und kontrollierten die Löschgeräte. Erstmals heulten um kurz nach 22 Uhr die Sirenen. Doch die „Störflieger” drehten nach Westen ab, 45 Minuten später kam die Entwarnung. Richtig hatten sich die Hüttenheimer entschieden, die in den Schutzräumen blieben – kurz vor Mitternacht heulten erneut die Sirenen zur „Öffentlichen Luftwarnung”.
Sie sollte das Inferno einläuten, das eine Stunde nach Mitternacht über die Stadt hereinbrach. Bis 1.45 Uhr entluden sich aus den Bombenschächten des britischen RAF Bomber Command 5 000 Tonnen Spreng- und Brand-Munition über Duisburg.
Die Bilanz für Hüttenheim: Acht Luftminen, 49 Sprengbomben, 22 000 Stabbrandbomben (je 1,7Kilo) und 1 800 Phosphor-Brandbomben gingen über dem Ort nieder. „Es gab kein Haus, das nicht zumindest leicht beschädigt war. Gerade für die Menschen, die in den Ausländerbaracken lebten, waren die Luftangriffe besonders schlimm, waren sie dem Bombardement doch schutzlos ausgeliefert”, schreibt Harald Molder. Viele Gebäude wurden völlig zerstört. Darunter die kath. Schule in Ehingen, die Eckhäuser an der Ungelsheimer Straße/Im Höschegrund, die „Reichspost” (heute Fahnenfabrik) und ein Reihe von Gebäuden im Mannesmann- Werk. Vier Menschen seien AmHöschegrund, ein weiterer im Werk ums Leben gekommen.
„Die Leichen wurden in der Kirche aufgebahrt und auf dem Ehinger Friedhof beigesetzt”, berichtet die katholische Pfarrchronik. 48 Todesopfer unter Patienten und Mitarbeitern forderte der Angriff im St.-Anna-Krankenhaus, das durch einen Volltreffer völlig zerstört wurde. Es sollte der schlimmste Angriff auf den Süden, nicht aber auf die Stadt bleiben: Am 14./ 15. Oktober sollten bei der „Operation Hurricane” noch einmal 9 000 Tonnen Bomben auf die Stadt niedergehen.