Duisburg. Statt Kindern einen Diagnose-Stempel aufzudrücken, hilft die Frühförderung am Helios St. Anna Krankenhaus. Einen Termin bekommen Eltern schnell.

Mit Schwung kommt Johannes auf den Flur gerannt, schmeißt sich auf den Boden, rutscht ein paar Meter, lacht schelmisch und verschwindet wieder hinter einer Tür, um direkt danach noch einmal grinsend sein Gesicht zu zeigen. Johannes ist vier Jahre alt und seit ein paar Wochen regelmäßig zu Gast in der Interdisziplinären Frühförderstelle (IFF) am Helios St. Anna Hospital.

„Ich wurde im Kindergarten von den Erziehern angesprochen, dass Johannes sich auffällig verhalten würde“, erzählt seine Mutter. Schnell sei der Begriff ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung) gefallen. „Dass mein Sohn ein sehr aktives Kind ist und sicher auch oft sehr anstrengend ist, war mir schon klar“, erzählt die 36-Jährige, „aber dass er im Umgang mit den anderen Kindern auffällig ist und auch Gefahren schlecht einschätzen kann, war mir bisher nicht so aufgefallen.“

Interdisziplinäre Frühförderstelle: Seit 1. September in Duisburg-Huckingen

Die Hinweise aus dem Kindergarten hat die Familie ernst genommen. Der Weg nach Huckingen zur Interdisziplinären Frühförderstelle war somit logische Konsequenz. „In einem Sozialpädiatrischen Zentrum hätten wir bis zu zwölf Monate Wartezeit gehabt, aber Johannes kommt in zwei Jahren in die Schule, ich möchte, dass ihm schnellstmöglich geholfen wird. Hier haben wir innerhalb von 14 Tagen unser erstes Gespräch gehabt“, so die Meidericherin.

Andrea Webers und Dr. Guido Wolf sind seit dem 1. September mit der Interdisziplinären Frühförderung am Helios St. Anna Krankenhaus in Duisburg-Huckingen.
Andrea Webers und Dr. Guido Wolf sind seit dem 1. September mit der Interdisziplinären Frühförderung am Helios St. Anna Krankenhaus in Duisburg-Huckingen. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Dass es tatsächlich so schnell mit den Terminen in Huckingen geklappt hat, hängt auch mit dem Umzug der Interdisziplinären Frühförderung von Homberg nach Huckingen zusammen. Zum 1. September wurde der Standort in den Duisburger Süden verlegt. „Einige Familien konnten aus logistischen Gründen den Weg aus dem Westen nach Huckingen nicht mitgehen, aus diesem Grund haben wir aktuell noch Kapazitäten“, sagt Guido Wolf, Chefarzt der Abteilung Sozialpädiatrisches Zentrum, Phoniatrie und Pädaudiologie und Leiter der Interdisziplinären Frühförderung. 104 Kinder im Alter von 0 bis 6 Jahren werden aktuell in Huckingen betreut.

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„Abhängig von dem Ergebnis der Aufnahmegespräche, von der Entwicklungssituation des Kindes und der verschiedenen Tests bekommen die Kinder hier alle Arten an Therapiemöglichkeiten“, sagt Andrea Webers, Heilpädagogische Leitung der Interdisziplinären Frühförderstelle. Behandelt werden in Huckingen Kinder mit Entwicklungsverzögerung in der Motorik (zum Beispiel Krabbeln, Laufen), der Wahrnehmung (z.B. Hören, Fühlen), der Selbstständigkeit (z. B. Anziehen) und dem Sozialverhalten (z. B. Spielen), sowie Kinder, bei denen eine Behinderung vorliegt.

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Zum Team gehören drei Kinderärzte, Heilpädagoginnen, Psychologen, Pädaudiologen, Physiotherapeuten, Logopädinnen und Ergotherapeuten. „Wir arbeiten sehr eng mit den Eltern zusammen, führen viele Gespräche mit den Kinderärzten, den Erziehern aus den Kindergärten und beraten und unterstützen die Familien“, sagt Andrea Webers. „Wenn wir den Eltern zum Beispiel sagen müssen, dass bei dem Kind eine Behinderung vorliegt, dann kann man diese Eltern nicht anschließend alleine lassen. Dann ist die Betreuung der Eltern genauso wichtig wie die des Kindes.“

Da geht es lang: Johannes liebt es zu klettern. Heilpädagogin Alexandra Krol hilft ihm dabei.
Da geht es lang: Johannes liebt es zu klettern. Heilpädagogin Alexandra Krol hilft ihm dabei. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

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Wichtig ist es dem Team, dass den Kindern nicht einfach ein Stempel mit einer Diagnose wie Autismus oder ADHS aufgedrückt wird. „Uns geht es um den Teilhabegedanken“, sagt Webers. „Wenn ein Kind lebhaft ist, vielleicht nicht unbedingt immer still sitzen kann, dann ist es nicht schlimm, es kann am Kindergartenalltag teilnehmen“, so Wolf, „aber wenn es ein Kind nicht in einer Gruppe aushält, nicht gerne in den Kindergarten geht und nicht teilhaben kann, weil es sich nicht ausdrücken kann, dann braucht es Unterstützung, die wir hier in den unterschiedlichsten Bereichen geben können.“