Duisburg-Süd. 130 Bäume wurden am Dickelsbach gefällt. So erklären die Wirtschaftsbetriebe, warum der ausgetrocknete Bach renaturiert wird.

Die Kettensägen sind inzwischen still, auch die Bagger rumpeln nicht mehr durch das Unterholz entlang des Dickelsbachs im Duisburger Süden – doch ihre Hinterlassenschaften sind unschwer zu erkennen: Hunderte Bäume liegen entlang des Ufers. Die Wirtschaftsbetriebe (WBD) wollen die Umgebung des Bachlaufs naturnäher gestalten. Sie pochen auf die Einhaltung der EU-Richtlinie zum Schutz von Gewässern. Die Ökobilanz des Dickelsbach werde nachhaltig verbessert – dabei führt der nur nach starkem Regen überhaupt Wasser.

Das kleine Waldstück, das einmal Lärm- und Blickschutz für die dahinter liegenden Gärten bot, ist nun tiefgreifend gerodet. Unter den Anwohnern regt sich immenser Protest. Sie klagen außerdem über die Beeinträchtigung von Tier- und Pflanzenwelt, unter anderem hausen Fledermäuse in dem Wäldchen.

Abgesägte Bäume liegen überall entlang des Dickelsbach-Ufers in Duisburg

Die abgesägten Baumstämme und Äste häufen sich entlang der gesamten Strecke zwischen der Neidenburger Straße und dem Pregelweg. Auch zwischen der kleinen Sackgasse am Sana-Klinikum und der Wedauer Straße wurden bereits etliche Bäume entlang des Waldwegs gefällt, die Brücken über den Dickelsbach hin zum Tilsiter Ufer und dem Pregelweg sind genau wie der Waldweg gesperrt.

Das Bachbett indes liegt seit Monaten trocken. Wasser führt der Dickelsbach nur nach starkem Regen. Das räumt auch Volker Lange, Sprecher der WBD, ein: „Der Bach fällt auf natürlichem Wege trocken, da er zu den sogenannten sandgeprägten Tieflandbächen ohne Grundwasseranschluss gehört. In Monaten mit geringem Niederschlag kann er austrocknen.“ Das ist in den vergangenen Jahren regelmäßig passiert.

Landesregierung stuft ökologischen Zustand des Bachs als unbefriedigend ein

Dennoch sei das Gewässer – das formell noch als solches gilt – in einem schlechten ökologischen Zustand. „Die Landesregierung hat die ökologische Situation des Bachs zwischen Lintorf und Wedau als unbefriedigend eingestuft“, so Lange. Grundlage dafür sei die Wasserrahmenlinie der EU, die europaweit einheitliche Ziele vorgibt, um den Zustand von Gewässern zu schützen und zu verbessern.

Für deren Bewertung beurteilen Biologen die Gemeinschaft tierischer Organismen mit Fischen, Wasserpflanzen und Kiesalgen sowie die Struktur eines Gewässers. „Der Dickelsbach ist durch einen mehr oder weniger naturfernen Ausbau geprägt. Er wurde begradigt und in ein steinernes Bachbett gezwängt. Aus diesem Grund gilt die Gewässerökologie als unbefriedigend“, erklärt Lange. Der Eingriff in den jetzigen Zustand sei daher notwendig. Langfristig gesehen werde die Ökobilanz positiv sein.

Tiere sollen die Möglichkeit erhalten, rechtzeitig zu flüchten

Für die Umbauten mussten aber rund 130 größere Bäume weichen. „Die Planungen sehen vor, möglichst wenige Fällungen vorzunehmen“, erläutert Lange. Auch ein Landschaftsplaner sei daran beteiligt gewesen. „Außerdem wird sichergestellt, dass der Bau für Tiere und Pflanzen schonend abläuft. So wurden zum Beispiel Ersatzhabitate für Fledermäuse geschaffen. Ein vorausschauender Einsatz von Fahrzeugen und Maschinen soll Tieren die Möglichkeit geben, zu flüchten.“

Die WBD wollen dem Dickelsbach einige Kurven verpassen und durch den Einbau von Totholz die Strömung ablenken, so dass der Bach langsamer fließt. Bei Überschwemmungen bekommt der Bach mehr Platz. In Zukunft sollen entlang des Bachs typische Sträucher und Bäume wie Schwarzerlen, Weiden, Weißdorn und Holunder emporwachsen. An vielen Stellen soll der direkte Umgang zum Ufer erschwert werden. Der Grundwasserspiegel bleibt jedoch unberührt, eine Gefahr für ihre Häuser müssen die Anwohner nicht fürchten.

Zuerst wird dort umgestaltet, wo die größten Erfolgschancen bestehen

Einen geraden Verlauf hat der Dickelsbach auch weiter südlich auf Höhe des Wambachs. Wo gearbeitet werden kann, hängt laut Lange auch mit den Eigentumsverhältnissen und der Beschaffenheit des Untergrunds zusammen. „Bevorzugt werden zu Beginn Abschnitte, bei denen zu erwarten ist, dass Maßnahmen einen möglichst großen positiven Effekt auf den Dickelsbach haben“, erklärt er.

Als nächstes sei der Abschnitt zwischen A 524 und Saarner Straße vorgesehen, dessen Umbau aber noch geplant werden muss. Danach kommt der Abschnitt zwischen Saarner Straße und dem Wambach an die Reihe.

WBD-Sprecher: Anwohner wurden rechtzeitig und umfassend informiert

Kritik an der Informationspolitik der WBD weist Lange zurück: „Die Anwohner haben Schreiben mit der Aufforderung erhalten, sich bei Rückfragen zu melden. Viele haben angerufen und nähere Informationen erhalten. Dabei wurde auch das Abholzen der Bäume erwähnt.“

Die Kosten für die Umgestaltung betragen rund eine Million Euro. 80 Prozent davon trägt das Land NRW, 20 Prozent entstammen Eigenmitteln der WBD.

>> WBD WIDERSPRECHEN VORWURF DER LÄRMBELASTUNG

Die Anwohner beklagen, dass die Lärmbelastung auf ihren Grundstücken und in den Häusern gestiegen sei. Der Lkw-Verkehr zur Baustelle von 6-Seen-Wedau sei nun lautstark zu hören.

Davon wollen die WBD nichts hören: Die Waldfläche bis zur Großenbaumer Allee ist nur rund 20 Meter breit. „Die Fläche war für den Lärmschutz viel zu klein und dient aufgrund des fehlenden Unterholzes nicht als Schallschutz für die angrenzende Wohnbebauung", sagt Volker Lange.