Duisburg-Neudorf. Der Ur-Neudorfer Werner Pöhling führte für die SPD durch den Duisburger Stadtteil und kritisierte die Fällung von 17 Bäumen an der Koloniestraße.

37 Grad! Trotzdem hat sich gegen 14 Uhr ein interessiertes eingefunden, um an einem zweistündigen Rundgang durch Neudorf teilzunehmen. Eingeladen dazu hatte die SPD-Neudorf-Süd. Anlass war das 250-jährige Bestehen des Stadtteils. Dass Ratsfrau Martina Stecker und die Ortsvereinsvorsitzende Susanne Zander mit Blick auf die bevorstehende Kommunalwahl damit auch für ihre Partei werben wollten, versteht sich. Mit dem Ur-Neudorfer Werner Pöhling, der früher viele Jahre für das Stadthistorische Museum gearbeitet hat, hatten sie einen ausgewiesenen „Kiez“- Kenner mit der Führung betraut. Der 69-Jährige hat in den letzten Jahren schon häufig Gruppen durch seinen Stadtteil geführt. Nun stellte er den Strukturwandel zwischen Grabenstraße und Sternbuschweg in den Mittelpunkt.

„Hier war nichts, es gab nur eine karge Heidelandschaft“

Der Start an der Koloniestraße war nicht zufällig gewählt. Hier begann vor 250 Jahren die Geschichte Neudorfs. Friedrich der Große lockte damals auswanderungswillige Familien aus Hessen-Darmstadt in das noch unwirtliche Gebiet südlich von Duisburg. Anhand des historischen Corputius-Stadtplans von 1566 erläuterte er, wie es damals vor der Stadtmauer aussah: „Hier war nichts, es gab nur eine karge Heidelandschaft, das waren echt harte Bedingungen für die neuen Siedler.“

17 gesunde Platanen gefällt, weil deren Wurzeln die Radwege bucklig gemacht haben

Die Besiedlung Neudorfs nahm an der Koloniestraße ihren Anfang, heute zählt Neudorf rund 26 500 Einwohner. Es geht Richtung Norden. Die großen Platanen an der Koloniestraße boten nicht nur Schatten, sondern dem Stadthistoriker auch Gelegenheit, sich kritisch zu äußern: „Hier wurden 17 gesunde Platanen gefällt, angeblich, weil deren Wurzeln die Radwege bucklig gemacht haben.“ Durch die damit vorgenommene Verkürzung der Baumstrecke sei der Charakter einer Allee verloren gegangen. Die Baumschutzsatzung abzuschaffen, bezeichnete er als falsches Signal: „Jetzt holzt auch jeder Privatmann nach Belieben Bäume ab, ohne für ökologischen Ausgleich zu sorgen.“

Bis Mitte der 50er Jahre wurde in der „Erbslöh-Mühle“ Getreide gemahlen

In Höhe der Neuen Fruchtstraße wies er erleichtert darauf hin, dass das verrottete Gebäude kurz vor dem Bahngelände endlich abgerissen worden ist: „Das war ein Treffpunkt für dunkle Gestalten, ein echter Schandfleck.“ Einige Meter weiter in Richtung Ostausgang des Hauptbahnhofs zeigte Pöhling die Stelle, auf der bis Mitte der 1950er-Jahre die „Erbslöh- Mühle“ stand, in der seit 1919 Getreide gemahlen wurde.“ Über die Neudorfer Straße, über die früher die Straßenbahnlinien 3 (bis zur Kupferhütte) und 4 (bis Ruhrort) im „5-Minuten-Takt“ rumpelten, erreichte die hitzegestresste Gruppe den neugestalteten Neudorfer Markt.

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Nach der Umgestaltung wirkt der 1893 angelegte Platz mit dem ansprechenden Spielplatz und der Parklandschaft wie eine kleine grüne Oase. Nicht ganz so beschaulich ging es in der früheren Gaststätte „Zum Neudorfer Markt“ zu, wie Pöhling zu berichten wusste: „Hier sind zwei Menschen erschossen worden, die Neudorfer nannten die Kneipe daraufhin ‘Zum goldenen Schuss’. Werner Pöhling wohnt seit seiner Geburt in Neudorf und fühlt sich dort sehr wohl: „Ein prima Stadtteil, von hier aus ist man schnell in der City und im Wald. Hier ist es einfach angenehm.“