Duisburg-Großenbaum. Pfarrer und Kirchgänger wurden von der Allgemeinverfügung der Stadt Duisburg wegen des Coronavirus überrascht. Telefonseelsorge hat viel zu tun.
Die neusten Nachrichten flattern mit der Kantorin Annette Erdmann um zwanzig vor zehn in die Versöhnungskirche der evangelischen Gemeinde Großenbaum-Rahm. „Kein Gottesdienst heute, die Stadt hat es gerade verboten, die Mail kam um halb zehn über den Kirchenkreis“, teilt sie den überraschten Presbyterinnen und dem Pastor im Ehrenamt Klaus Andrees mit. Der ist schon im Talar und weiß von nichts.
Die Anordnungslage wegen der Ausbreitung des Coronavirus ändert sich stündlich, da ist es schwer, auf dem Laufenden zu bleiben. Erst am Vortag hat die Gemeinde beschlossen, dass es aus Sicherheitsgründen kein Abendmahl im Sonntagsgottesdienst geben soll.
Glocken verstummen in Duisburg-Großenbaum
Ein Blick aufs Handy setzt Andrees ins Bild. „Gut, wenn die Stadt ab heute alle Gottesdienste bis einschließlich 10. April verboten hat, dann ist das jetzt amtlich“, sagt er. In dem Moment tönt das Geläut, das pünktlich die Gläubigen zum Gottesdienst ruft. „Abstellen“, verfügt der Pastor, „macht ja keinen Sinn zu läuten, wenn der Gottesdienst gar nicht stattfindet.“
Normalerweise kommen etwa 60 Gemeindemitglieder in den Gottesdienst, aber die meisten sind heute von sich aus zuhause geblieben. Nur etwa zehn Leute schauen nach und nach zögerlich in die offene Kirche hinein. „Kommen Sie herein, wer hier beten möchte oder reden, der ist willkommen“, sagt Andrees.
Der 13-jährige Pascal ist enttäuscht, weil der Gottesdienst ausfällt. Er soll im Mai konfirmiert werden und braucht den „Zettel“ für den Nachweis seiner Gottesdienstbesuche. „Kriegst du trotzdem“, beruhigt ihn die Presbyterin Heike Bader, „du kannst ja nichts für den Ausfall.“
Die Telefonseelsorge fängt viele Menschen auf
Ob es die Konfirmation im Mai überhaupt planmäßig geben wird, kann ihm derzeit keiner sagen. „Schon krass“, findet Pascal die Lage, „auf einmal hat die ganze Welt ein Problem wegen einem einzigen Virus.“
Andrees, der auch bei der Telefonseelsorge und der Notfallseelsorge mitmischt, erzählt von den organisatorischen Problemen, die nun auf diese Dienste zukommen, die in Krisenzeiten besonders viel leisten müssen.
„Die Telefonseelsorge fängt viele Menschen auf, die jetzt nicht aus dem Haus gehen können, da registrieren wir schon eine erhöhte Zahl besorgter Anrufer. Aber ob man weiter alle Schichten besetzen kann, wo ganz viele Mitarbeiter normalerweise mit dem ÖPNV anreisen, das muss sich erst zeigen“, sagt er. Zwingen kann man ehrenamtliche Mitarbeiter natürlich nicht, Dienste zu übernehmen. Predigten sollen als Video online gestellt werden.
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Und auch in der Notfallseelsorge könnte es eng werden. Da haben die frisch ausgebildeten Seelsorger gerade ihre Praktikumsphase in der sie erfahrene Seelsorger begleiten sollen. Dieser Teil der Ausbildung muss nun bis auf weiteres unterbrochen werden.
Predigten sollen als Video online gestellt werden
Die Kantorin hat inzwischen die kleinen Kinder einer Familie mit zur Orgelempore hinauf genommen und spielt ihnen leise etwas vor. Der Presbyter Uwe Stoffels gibt die Schale mit den frischen Osterglocken vom Altar an eine Besucherin weiter. „Um neun Uhr hat die Stadt den Beschluss weitergegeben, dass es heute keine Gottesdienste geben darf, das finde ich viel zu spät. Da war ich hier in der Kirche schon längst mit den Vorbereitungen beschäftigt“, sagt er kopfschüttelnd.
In den Gemeinden wird an Ideen gearbeitet, um die Gemeindemitglieder auch ohne räumliche Nähe mit guten Botschaften zu versorgen. In Obermeiderich sollen die Predigten ab nächsten Sonntag als Videos online gestellt werden.