Duisburg-Süd. . Um Kindern zu helfen, flog Horst Ambaum bis nach Vietnam. Am Sonntag wird er aus der Gemeinde-Caritas verabschiedet. Streitbar wird er bleiben.

In den Ruhestand ist Horst Ambaum schon einmal gegangen, vor sechs Jahren. Seitdem engagiert er sich noch stärker im Ehrenamt. Nun will der 71-Jährige endgültig kürzer treten, oder „anders treten“, wie er sagt. Die Südredaktion hat mit ihm über sein Engagement gesprochen.

Wie sah Ihre berufliche Laufbahn aus?

Erst war ich Ingenieur, habe aber irgendwann gemerkt, dass ich Sozialarbeiter werden will. 1972 war ich mit dem Studium fertig. Als ich fünf Jahre später Leiter des Friedensdorfs Oberhausen wurde, waren die pleite. Glücklicherweise wurde das ZDF auf uns aufmerksam, wodurch wir viele Spenden erhalten haben. Deswegen geht es dem Friedensdorf finanziell wieder gut.

Wie haben Sie sich für die Kinder eingesetzt?

Wir haben uns vor allem um Flüchtlingskinder aus Vietnam gekümmert. Nach dem Ende des Kriegs sollten die alle zurückgeschickt werden. Die Situation war aber schwierig, die Kommunisten hatten ja gegen die Amerikaner gewonnen. Da bin ich nach Vietnam geflogen, um zu gucken, wie man die Kinder versorgen konnte. Die waren ja vom Krieg gezeichnet. Da sagten die vor Ort: Das können wir hier nicht leisten, Ihr in Deutschland habt doch Rollstühle und Krücken. Und genau das wollte ich hören.

Dann mussten Sie den Kindern sicher eine Perspektive bieten.

Ja, wir haben dann das gemacht, was man heute Integration nennt. Wir haben uns bemüht, den Kindern Ausbildungsplätze zu vermitteln. 1986 kam ich dann zur Gemeindecaritas im Duisburger Süden. Ich bin kein Büromensch, ich will keine kleinen Brötchen backen, sondern raus, um zu den Menschen zu gehen.

Wie sah Ihre Arbeit bei der Caritas aus?

In Huckingen gab es mal eine Siedlung, die in einem sehr schlechten Zustand war. Draußen an den Häusern gab es zum Beispiel keine Beleuchtung, die Badezimmer mussten saniert werden. Also habe ich eine Versammlung organisiert, zu der auch die Verantwortlichen bei der Wohnungsbaugesellschaft gekommen sind. Die waren am Anfang gar nicht bereit, die Siedlung zu sanieren, aber die Leute haben sie dazu gedrängt.

Nur gemeinsam geht etwas?

Ja, man muss den Menschen neuen Mut machen. Sie müssen spüren, dass Solidarität etwas bringt. Ich mag die Konfrontation mit Entscheidungsträgern, die müssen merken: Wir ticken anders. Probleme muss man skandalisieren und öffentlich machen, nur dann hilft es auch was.

An welche Situationen denken Sie da konkret?

In einem Wohnhaus war mal eine Trinkwasserleitung defekt, und der Keller stand einige Zentimeter unter Wasser. Die Mieter haben den Verwalter angerufen, wochenlang ist nichts passiert. Dann haben wir ein Foto inszeniert, auf dem Kinder mit Papierschiffchen im Wasser spielen. Und dann ging alles ganz schnell.

Ihre Lust auf Konfrontation haben Sie auch in der Rente nicht abgelegt.

Richtig, jetzt kann mir keiner mehr was. Das hat mir als Leiter der Schulmaterialkammer, die in diesem Jahr zehn Jahre alt wird, sehr geholfen. Genauso bei der Gründung der Kleiderkammer während der Flüchtlingskrise.

Wie wollen Sie denn Ihre freie Zeit nutzen?

Ich würde schon noch gern in der Schulmaterialkammer aktiv bleiben, nur eben nicht mehr als ihr Leiter. Ich will mir aufrecht erhalten, den Menschen weiter zuzuhören. Denn sie sind die Experten des Alltags und wissen, was sie brauchen. Ansonsten will ich weiter in der Kirche singen und Benefizkonzerte organisieren.