Duisburg-Süd. . Schulen im Duisburger Süden lehnen den Vorschlag der NRW-Bildungsministerin ab, ein neues Fach Wirtschaft einzuführen. Zu Lasten anderer Fächer
Wirtschaftswissen mangelhaft: 53 Prozent der befragten Schüler wissen nicht, was Rendite bedeutet. 67 Prozent haben keine Ahnung, was an der Börse passiert. Das sind Ergebnisse einer Jugendstudie vom Bankenverband. NRW-Bildungsministerin Yvonne Gebauer möchte möglichst bald das Fach Wirtschaft einführen, an Gymnasien bereits zum Schuljahr 2019/20. Was halten Lehrer im Duisburger Süden von der Idee aus dem Ministerium?
Lernen fürs Leben, mehr Bezug zum Alltag – dieses Thema kursiert seit Jahren. Vor einiger Zeit hat es noch mal eine Schülerin befeuert. Sie kritisierte, dass sie zwar gelernt habe, Gedichte in vier Sprachen zu analysieren. Sie weiß allerdings nicht, wie zum Beispiel das Steuersystem funktioniert.
„Ein neues Fach Wirtschaft geht zu Lasten anderer Fächer“
Dr. Stefan Zeyen, Leiter des Mannesmann-Gymnasiums, stellt die grundsätzliche Frage, was Schule eigentlich leisten soll. Welche Kenntnisse von einem Abiturienten erwartet werden sollten. Praxisbezug sei sicher wichtig. Allerdings gehöre seiner Meinung nach nicht dazu, wie man Geld anlegt. Der Pädagoge hält es vielmehr für sinnvoll, dass „Schüler Grundzusammenhänge der Wirtschaft verstehen“.
Doch ein Schulfach Wirtschaft sei überflüssig. Zeyen: „Wir brauchen kein neues Fach Wirtschaft, das geht zu Lasten anderer Fächer. Wirtschaftsthemen werden heute schon ausführlich im Unterricht behandelt, etwa in Politik und Sozialwissenschaften“.
„Kenntnisse über wirtschaftliche Zusammenhänge sind unverzichtbar“
Für Schüler, die sich für Wirtschaft interessieren, gibt’s am Mannesmann-Gymnasium das Wahlpflichtfach „Powi“ – Politik und Wirtschaft. Das Fach, drei Stunden die Woche, ist offenbar beliebt. Im aktuellen Achter-Jahrgang werden gleich zwei Kurse angeboten.
In Bayern und Baden-Württemberg gibt es das Schulfach Wirtschaft bereits. Das wünscht sich nun auch die zuständige NRW-Ministerin: „Die Schüler sollten bestmöglich auf ihre Zukunft und den Einstieg ins Berufsleben vorbereitet werden. Dazu sind Kenntnisse über wirtschaftliche Zusammenhänge unverzichtbar.“
Wirtschaft ist längst Thema an der Gesamtschule Süd
Ralf Brylewski, Didaktischer Leiter an der Gesamtschule Süd, hält ein neues Fach Wirtschaft dagegen für überflüssig: „Ich habe mich den Vorschlag der Ministerin gewundert“. Denn Wirtschaft sei längst Thema an der Gesamtschule Süd.
Wer den Bereich Technik/Hauswirtschaft wählt, setzt sich schon ab Klasse 6 mit Wirtschaftsthemen auseinander. Und in Klasse 8 haben alle Schüler eine, in Klasse 9 zwei Stunden Wirtschaftslehre auf dem Stundenplan. „Wobei es da vor allem um die Arbeitswelt, explizit um Berufsvorbereitung geht“, erklärt Brylewski. Schwerpunkte sind Bewerbungstraining, Besuch beim Jobcenter, Potenzial-Analyse.
Zeitweise gab’s an der Gesamtschule Kollegen, die Schülern den Aktienmarkt bei Börsenplanspielen anschaulich nähergebracht haben. „Das hängt natürlich immer stark von einzelnen Personen im Kollegium ab“, so Brylewski.
Wirtschaftskreislauf und Schuldenfalle
Auch bei „ Fit für die Wirtschaft“ hat die Gesamtschule Süd schon mitgemacht. Dieses Projekt hat die Targobank-Stiftung zusammen dem „Institut der deutschen Wirtschaft Köln Junior“ auf den Weg gebracht, um Schülern der achten und neunten Klasse Wirtschaftsthemen nahezubringen.
Wirtschaftskreislauf, Globalisierung, Gesetze der Marktwirtschaft, wie berechnet sich der Gewinn aus Umsatz und Kosten, stand in den zehn Unterrichtseinheiten auf dem Stundenplan. Auch ein Börsenplanspiel, in die Schüler virtuell mit Aktien handeln konnten, war dabei. Und ebenso ganz praktische Dinge, etwa das Thema Schuldenfalle, wenn man vorschnell irgendwelche Handyverträge abschließt.
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„Fit für Wirtschaft“ : Eine Anmeldung ist noch möglich
Im Frühjahr geht das Projekt „Fit für Wirtschaft“ in die nächste Runde. Interessierte Lehrer können sich unter www.fitfuerdiewirtschaft.de informieren und dort ihre Klasse anmelden.
Im Zuge der Umstellung auf G 9 soll nach Willen der NRW-Bildungsministerin das Fach Wirtschaft bereits im Schuljahr 2019/20 an Gymnasien eingeführt werden. An den Hauptschulen, Realschulen, Sekundarschulen und Gesamtschulen im darauf folgenden Schuljahr.